Neujahrsempfang der Linken: „Es war ein hartes Jahr für uns alle“

Die 120 vorbestellten Essen reichten nicht – beim Neujahrsempfang der Linken im Brauhaus Hirschchen waren deutlich mehr Frauen und Männer gekommen. Tief unten im Bauch ein zufriedenes Gefühl, denn es war der Freitag, an dem die Abgeordneten der eigenen Partei und einige FDP-Abweichler dem Schmusekurs der CDU mit der AfD erst einmal im Bundestag eine klare Absage erteilten.
Ein Specht auf der angeblichen Brandmauer
Vorbei ist der Spuk deswegen noch nicht. Der Sauerländer versucht seinen Auftritt als Brandmauer-Specht wegzulächeln. Und damit hat es sich auch schon mit dem Seitenblick der Linken aufs konservative Durcheinander. Schließlich hat man genug eigene Sorgen. Ist die Linke im nächsten Bundestag überhaupt noch mal vertreten? Ein Jahr lang sei man von vielen Konkurrenten und Medien totgesagt worden, erinnerte Özlem Alev Demirel, die Europaabgeordnete der Linken: „Das war echt hart für uns alle.“
Zusammenrücken bei den Linken
Es habe die Partei aber auch zusammenrücken lassen. Und siehe da: Bei einer aktuellen Umfrage im wenig linksverdächtigen ZDF warfen die Meinungsforscher plötzlich 8 Prozent für die Linke aus. „Das ist nur eine Momentaufnahme, klar“, sagte Demirel. Aber jedes Hoffnungszeichen ist willkommen. Also auch dieses.
Über Flucht-Ursachen sprechen
Demirel bot neben der Generalkritik an CDU, FDP und AfD eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Geflüchteten-Thema an. Wenn man schon über den angeblich das Land überfordernden Zuzug von Hilfesuchenden sprechen möchte, solle man sich mit den Ursachen für weltweite Flucht und Vertreibung befassen. Da gebe es Kriege, an denen jeweils Waffenproduzenten wie der Düsseldorfer Rheinmetall-Konzern verdienen.
Außerdem der Klimawandel, dessen Anfänge auf den überproportionalen CO2-Ausstoß in den westlichen Industrieländern zurückgingen. „Darüber sollte man sprechen“, empfahl Demirel. Und nicht die Armen, die Arbeiter, die Geflüchteten dafür verantwortlich machen, dass die Wirtschaft kriselt.
Friedenswunsch und Rüstungsrealität
Auch das Friedensthema verdiene einen anderen Blick. Momentan werde Deutschland und Europa in eine Rüstungsspirale mit immer höheren Ausgaben für Waffensysteme hineingetrieben. Der neue Nato-Generalsekretär Mark Rutte habe bereits deutlich gesagt, dass man notfalls für die Steigerung des Wehretats die Sozialausgaben und Renten kürzen müsse, so Demirel. Dies sei der falsche Weg. Deswegen brauche es die Linke im Bundestag, im Land NRW und in den Städten, um auf solche Fehler hinzuweisen und echte Alternativen aufzuzeigen.
Julia Marmulla aus der Düsseldorfer Ratsfraktion der Linken und der Parteivorsitzende und Spitzenkandidat für die Bundestagswahl, Jan van Akeren, hielten weitere Ansprachen. Nach dem offiziellen Teil wurde noch lange diskutiert und gefeiert.