Düsseldorf: Ausstellung zeigt die Rolle der Feuerwehr im Nationalsozialismus
“Brandgefährlich. Die Düsseldorfer Feuerwehr im Nationalsozialismus” ist der Titel der neuen Sonderausstellung in der Mahn- und Gedenkstätte. Ihren 150. Geburtstag hat die Feuerwehr im vergangenen Jahr gefeiert und stellt sich nun dem dunklen Kapitel der NS-Zeit. Es wird deutlich, dass die Feuerwehr keine Täterorganisation war, aber vorauseilender Gehorsam und Gleichschaltung nach 1933 eine Beteiligung am Unrechtsystem aufzeigen.
Feuerwehrchef David von der Lieth ist beeindruckt, was die Kuratoren von Mahn- und Gedenkstätte und Stadtarchiv zusammengetragen haben. Die Rolle der Feuerwehr wird an konkreten Einsätzen, Orten und Biografien aufgezeigt. “Ich danke den beiden Kulturinstituten für diese beeindruckende Ausstellung. Die Düsseldorfer Feuerwehr wird mit vielen Mitarbeitenden sowie den ehrenamtlichen Einsatzkräften in den kommenden Monaten das Haus besuchen und sich diese Ausstellung anschauen. Das ist für unser Selbstverständnis und die Identität einer heutigen Feuerwehr in einer demokratischen Großstadt von ganz zentraler Bedeutung,” betont von der Lieth.
Hildegard Jakobs (stellvertretende Leiterin der Gedenkstätte), Dr. Benedikt Mauer (Leiter des Stadtarchivs), Anna Schlieck und Immo Schatzschneider (Mahn- und Gedenkstätte) haben die Ausstellung kuratiert. Neben den Unterlagen aus dem Stadtarchiv wurden dafür auch 30 Regelmeter des Feuerwehrarchivs an der Hüttenstraße gesichtet.
Die Betrachtung der Zeit vor 1933 zeigt die Feuerwehr als Einrichtung, die durch ihre Leitlinien „Löschen, Schützen, Retten, Bergen“ hohen Stellenwert und Vertrauen bei der Bevölkerung genoss. So erfahren die Besucher*innen der Ausstellung, dass 1924 Düsseldorf an Pfingsten von einem ähnlich heftigen Orkan heimgesucht wurde, wie es „Ela“ 2014 tat. Die Feuerwehr bewältigte zahlreiche Einsätze. Durch das stetige Wachsen der Stadt gab es 1933 bereits fünf im Stadtgebiet verteilte Feuerwachen der Berufsfeuerwehr, sieben Löscheinheiten der freiwilligen Feuerwehr und Werksfeuerwehren großer Fabriken.
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Jahr 1933 änderte sich vieles bei der Feuerwehr. Der “deutsche Gruß” wurde Standard, Hakenkreuze kamen auf die Uniformen und auch beim Diensteid der Feuerwehrleute, die bis dahin auf die Verfassung geschworen hatten, änderte sich der Text auf Treue und Gehorsam dem Führer Adolf Hitler. Neben ihren traditionellen Aufgaben wurden die Einsatzkräfte nun auch an Razzien beteiligt und dienten bei der großen “Reichsausstellung Schaffendes Volk” (1937) und Aufmärschen der Propaganda der Nazis. 1938 wurde Heinrich Himmler, Reichsminister des Inneren und Chef der deutschen Polizei und oberster Chef der Feuerwehren.
In den Akten finden sich zur Reichkristallnacht vom 9. auf den 10. November 1938 keine Aufzeichnungen zu Löschversuchen an Synagogen oder jüdischen Geschäften. Lediglich benachbarte Häuser versuchte die Feuerwehr zu schützen. Offenbar wurden Akten vernichtet und lediglich durch Hinweise aus Versicherungsunterlagen bekamen die Kuratoren Eindrücke vom Geschehen.
Mit Kriegsbeginn am 1. September 1939 wurde reichsweit der “Sicherheits- und Hilfsdienst” (SHD) aufgestellt, der in Düsseldorf zunächst rund 800 Männer umfasste und aufgrund der immer massiveren Luftangriffe im Laufe des Jahres weiter anwuchs. Zwischen 1400 und 2000 Einsatzkräfte im Alter zwischen 14 und Senioren wurden zum Dienst verpflichtet.
Verwaltungsakten belegen, dass die Feuerwehr auch Krankentransporte durchführte, wenn Juden nicht mehr in der Lage waren den Weg zu ihrer Deportation selbstständig anzutreten. Wobei nie direkt von Deportation oder Vernichtungslagern die Rede war. Außerdem wird die Rolle der Feuerwehr bei der Bekämpfung der Bombenbrände bis zum Kriegsende beleuchtet. Die Brandbekämpfer waren auch mit „Flammenwerfern“ in Aktion, beispielsweise um in Warschau, um polnische Widerstandskämpfer zum Aufgeben zu zwingen.
Nach Kriegsende 1945 begann die so genannte “Entnazifizierung” auch bei der Düsseldorfer Berufsfeuerwehr. Wer bereits vor 1933 Mitglied in der NSDAP oder ihr angeschlossener Organisationen wie der SA war, würde als „verdächtig“ eingestuft und durch die Militärregierung vom Dienst suspendiert. Allerdings kümmerte sich der aktive Betriebsrat um die Wiedereinstellung, so dass letztlich nur sieben Feuerwehrleute ausschieden.
Die Ausstellung in der Mahn- und Gedenkstätte, Mühlenstraße 29, läuft bis zum 26. Mai 2024 und wird durch ein didaktisches Rahmenprogramm begleitet. Kuratorin Anna Schlieck arbeitet schon länger mit der Feuerwehr zusammen und gestaltet Workshops mit den Anwärter*innen. Für sie wird es Führungen geben, aber auch seitens der Jugendfeuerwehr und Feuerwehren anderen Städte wurde bereits Interesse bekundet.
Interessierte können die Sonderausstellung kann zu den Öffnungszeiten (sonntags, dienstags bis freitags von 11 bis 17 Uhr, samstags von 13 bis 17 Uhr, montags geschlossen) besuchen. Der Eintritt ist kostenfrei. Eine öffentliche Kuratorenführung findet am Mittwoch (18.10.) um 18 Uhr statt – keine Anmeldung erforderlich. Weitere Informationen finden sie hier. Gruppen, die Führungen oder Workshops buchen möchten, können dies telefonisch unter 0211-8996205 abstimmen.
Die Sonderausstellung wurde mit Unterstützung des Stadtfeuerwehrverbands, der Landeszentrale für politische Bildung NRW und des Förderkreises der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf e. V. finanziert.