Düsseldorfer Funken-Artillerie Rot-Wiss ehrt die Toten Hosen mit der Leo-Statz-Plakette
Die Toten Hosen sind Träger der Leo-Statz-Plakette 2020. Die Kult-Band nahm die Auszeichnungen und die zugehörige Urkunde am Donnerstagabend (27.2.) im Leo-Statz-Berufskolleg entgegen. Verliehen wird die Plakette von der Düsseldorfer Funken-Artillerie Rot-Wiss. Seit 1958 wird so an den von den Nationalsozialisten hingerichteten Vorsitzenden des Düsseldorfer Karnevalsausschusses, Statz, erinnert. Die Toten Hosen wurden von Rot Wiss für ihre Haltung gegen Faschismus, Rassismus und Diskriminierung geehrt. Zugleich sei die Leo-Statz-Plaketten „Anerkennung und Würdigung ihrer Verdienste für Heimat und Brauchtum“.
Sigrid Viehmann dankt den Toten Hosen für ihren Einsatz gegen Rechtsradikale und Rassismus. Campino und Kuddel lauschen.
Es war ein denkwürdiger Abend in der Aula des Berufskollegs. Vorn in der ersten Reihe saßen Andi, Breite, Campino, Kuddel und Vom. In den Reihen dahinter: Narrenkappen, Orden, Fräcke in Vereinsfarben – eben alles, was einen Düsseldorfer Karnevalisten ausmacht. Der Funkenartillerie Rot Wiss um ihre erste Vorsitzende Sigrid Viehmann war es mit dem Hinweis auf die Geschichte von Leo Statz (siehe Info) und der Zusammenarbeit mit dem Berufskolleg gelungen, die Band zu einem ihrer seltenen Ausflüge ins Düsseldorfer Winterbrauchtum zu bewegen. 1996 und 2018 fuhren die Toten Hosen im Düsseldorfer Rosenmontagszug mit.
Campino: "Karneval ist mehr als nur Feiern…"
Weil das Aufeinandertreffen von Kulturen so einzig ist, waren die Karnevalisten mächtig nervös. Dass am Ende alle zu den Klängen der Swinging Funfares miteinander feierten, war auch ein Verdienst der Berufskolleg-Schülerinnen und –Schüler. Die internationale Handelsschulklasse von Jehan Abushihab zeigte im Eröffnungsvideo, welche Bedeutung Leo Statz heute für Lernende und Lehrende des Berufskolleg hat. Die internationale Förderklasse von Nadja Rüffer spielte die Geschichte des wegen seiner Nazi-kritischen Haltung erst verhafteten, dann verurteilten und ermordeten Leo Statz.
Wimmelbild mit den Schülern und Lehrern des Leo-Statz-Berufskollegs, den Toten Hosen und OB Thomas Geisel.
Damit war der Ton der Verleihung gesetzt. Frankenheim-Geschäftsführer Ulrich Amedick hatte die Leo-Statz-Plakette 2017 bekommen. Er berichtete in seiner Laudatio vom Schreck, als erfuhr, für wen er seine Rede halten sollte: „Sie sind die Band, die mich ein Leben lang begleitet hat.“ Ob als Teenager bei eisgekühlten Bommelunder im Partykeller oder beim Drift durch die Achtziger Jahre im Opel Kadett C – die Toten Hosen seien stets präsent gewesen. Dass die Band nun – nach vier Jahrzehnten – eine eigene Biermarke kreiert habe, mache Laudator und Ausgezeichnete aktuell zu Kollegen: „Außerdem kann auch ich keine Noten lesen.“
Nach der Ehrung (v.l.) Kuddel, Breiti, Campino, Andi, Sigrid Viehmann, Vom, Laudator Ulrich Amedick und Moderator Robert Kotzur (Rather Aape).
Amedick kam nach den launigen Vorbemerkungen darauf zu sprechen, warum die Band die Leo-Statz-Plakette bekommt: Der Einsatz gegen Faschismus und Rassismus sei heute wichtiger denn je. Campino und Band hätten immer klare Kante gezeigt gegen Rechtsradikale – ob beim „Wir sind mehr“-Konzert in Düsseldorfs Partnerstadt Chemnitz, beim Scheunenkonzert der Künstler und Nazi-Gegner Birgit und Horst Lohmeyer in Jamel bei Wismer, bei all ihren Auftritten und in allen Interviews.
Zur Erinnerung an Leo Statz verleiht die Funken-Artillerie Rot-Wiss seit 1958 die Leo-Statz-Plakette.
Campino dankte für die Auszeichnung und die Partnerschaft von Rot-Wiss mit dem Leo-Statz-Berufskolleg: „Wer im Karneval nur das Feiern sieht, hat den Karneval nicht verstanden. Er bietet die Chance, der Obrigkeit den Spiegelvorzuhalten und auf Missstände aufmerksam zu machen.“ Er verneigte sich vor der Geschichte des Leo Statz und schlug den Bogen zur heutigen Arbeit des Berufskollegs: „Da kann in der Politik viel von Integration erzählt werden – hier bei Ihnen trifft der Alltag auf die Realität.“ Im Übrigen liebten die Toten Hosen als Band das Winterbrauchtum ihrer Heimatstadt. Das sei schon den 1970er Jahren deutlich gewesen, als man vor dem Ratinger Hof die Kamelle auf die Jecken zurückgeworfen habe…
Erzählt wurde all das mit einem Augenzwinkern auf beiden Seiten. Als Campino dann gemeinsam mit den Swinging Funfares „An Tagen wie diesen“ sang, waren Düsseldorfs Kulturen vereint. An Abenden wie diesen.
An Tagen wie diesen: Swinging Funfares und Campino, in der Düsseldorf Hymne vereint.
Wer war Leo Statz?
Leo Statz wurde am 17. Juli 1898 in Köln geboren. Im Alter von vier Jahren zog er mit seinen Eltern nach Düsseldorf und war von früher Jugend im Düsseldorfer Karneval aktiv. Ab 1933 gehörte er dem Vorstand des Karnevals an. 1935 übernahm er den Vorsitz des Karnevalsausschusses der Stadt Düsseldorf. Damals waren darin Karnevals-, Schützen-, Heimat und Künstlervereine zusammengeschlossen. Durch nazi-kritische Äußerungen und seinen Karnevalshit „Sei doch einmal nett zu mir“ (Duze, Duze, Duze mich) geriet er in einen offenen Konflikt mit dem Regime. Nach mehrjähriger Verfolgung wurde Leo Statz festgenommen, vom sogenannten Volksgerichtshof verurteilt und in der Nacht vom 1. auf den 2. November 1943 im Zuchthaus Brandenburg-Görden enthauptet.