Düsseldorf will Vorreiter im Kampf gegen Obdachlosigkeit werden

Bis zum Jahr 2030 will die Europäische Union Obdachlosigkeit in der EU beenden und plant Mitgliedstaaten bei der Umsetzung von Maßnahmen zu unterstützen. Unabhängig davon hat sich Oberbürgermeister Dr. Stephan Keller auf die Fahnen geschrieben, das Ziel in Düsseldorf nach erfolgreicher Wiederwahl intensiv zu verfolgen. Er ist überzeugt vom Ansatz Housing First, mit dem die Obdachloseninitiative fiftyfifty in den vergangenen Jahren bereits Dutzende Menschen von der Straße in eine eigene Wohnung gebracht hat. Der Ansatz sieht vor Obdachlosen zunächst eine Wohnung zu vermitteln und ihnen dann individuelle Unterstützung anzubieten.

Oberbürgermeister Dr. Stephan Keller bei der Vorstellung seiner Pläne für die nächsten Jahre nach erfolgreicher Wahl
„Seit drei Jahren bin ich Schirmherr von Housing First. Mit diesem Instrument lösen wir eines der drängensten sozialen Probleme unserer Stadtgesellschaft. Kraftvoll, engagiert und ehrgeizig. Wir brauchen dafür fünf bis acht Jahre. Und wir sagen dem Elend, das die Droge Crack in unsere Stadt trägt, den Kampf an,“ betont Keller.
Eine Straßenzählung im Oktober 2023 ergab die Zahl von rund 700 Obdachlosen in Düsseldorf. Dabei wurden Menschen in Notunterkünften ebenso gezählt wie die, die im Freien Platte machen. Keller geht davon aus, dass rund 200 dieser Obdachlosen eine so starke Drogenproblematik haben, dass das System Housing First für sie nicht in Frage kommt. Für diese Gruppe müsse es andere Angebote geben, wie etwa das Modellprojekt „Niederschwellige Unterbringungs- und Beratungsstelle“ (NUB). Das Projekt soll denen eine Perspektive bieten, die wirklich ganz unten angekommen sind. In Zusammenarbeit der Stadt mit der Diakonie, der Drogenhilfe, fiftyfifty, aXept! und Care24 wurden in einem Gebäude an der Markenstraße in Oberbilk Unterbringungsmöglichkeiten für 44 Menschen geschaffen, die dort von den Trägern intensiv betreut werden. Die Bewohner*innen haben dort eigene Zimmer und damit eine sichere Rückzugsmöglichkeit.

(v.l.) Patrick Weiß, Prof. Dr. Anne van Rießen, Hubert Ostendorf, Miriam Koch, Mona Monsieur, Alena Hansen und Julia von Lindern bei der Projektvorstellung des Vereins Housing First Düsseldorf Ende 2021
Im Herbst 2021 wurde der Verein „Housing First Düsseldorf“ mit dem Ziel gegründet, Wohnungsbesitzer zu motivieren an Obdachlose zu vermieten oder Investoren zu gewinnen, die eine Wohnung kaufen und diese dann jemanden von der Straße gegen Mietzahlung zur Verfügung stellen. Durch den angespannten Wohnungsmarkt in Düsseldorf haben Obdachlose quasi keine Chance im Wettbewerb mit anderen Interessenten eine Wohnung zu mieten. Mittlerweile wurden so rund 100 Wohnungen generiert.
Der Oberbürgermeister hat seine Pläne zur Beseitigung der Obdachlosigkeit eng mit fiftyfifty und dem Verein abgesprochen. Keller verspricht sich von dem Engagement der Stadt, noch viel mehr Vermieter für das Projekt zu gewinnen. Aktuell finanziert die Stadt vier Stellen, die nach Einzug die Bewohner*innen betreuen. Ab 2026 soll eine weitere Stelle hinzukommen. Für die Vermieter ist damit ein Ansprechpartner bei Problemen gegeben und da die Mietzahlungen vom Amt geleistet werden, solange noch keine keine Erwerbstätigkeit vorliegt, sind diese gesichert. Das Konzept Housing First sieht vor, dass die bezogenen Wohnungen nicht konzentriert in einem Objekt liegen, sondern die ehemals Obdachlosen sich als ganz normale Mieter*innen integrieren und lernen selbständig zu leben. Damit unterscheidet sich der Ansatz von anderen Systemen, wie beispielsweise „Wohnen auf Probe“, bei denen es keine eigenen Mietverträge für die Betroffenen gibt und keine finanzielle Unabhängigkeit.
Fiftyfifty hat mit „Housing First goes Gastro“ ein Folgeprojekt aufgesetzt, bei dem die Housing First Teilnehmer*innen auch in den ersten Arbeitsmarkt begleitet werden.