Die Düsseldorfer SPD verordnet sich einen Neuanfang – bei Programm und Personal
Bei allem Respekt: Schlimmer kann es für die SPD in Düsseldorf kaum werden. Weder bei der Bundestagswahl am 23. Februar, noch bei der Landtagswahl am 15. Mai 2022 konnten die Sozialdemokraten ein Direktmandat in Düsseldorf erringen. Und die Karte der 41 Wahlbezirke bei der Kommunalwahl 2020 zeigt Grün in der Stadtmitte, ganz viel Schwarz, also CDU, außen herum und nur einen roten Flecken: Düsseldorf Lierenfeld. Das soll sich ändern. Am Freitag (16.5.) beschloss die SPD ihr 35-seitiges Kommunalwahlprogramm. Am Samstag (17.5.) zeigte eine lange Reihe von Blumensträußen in der Aula der der Heinrich-Heine-Gesamtschule an, dass ein umfassender personeller Wechsel an der Düsseldorfer Parteispitze blühte.
Jeder Strauß steht für einen Wechsel an der Parteispitze.
Philosophie und Wirtschaft
Adis Selimi übernahm den Vorsitz des SPD-Unterbezirks Düsseldorf von Zanda Martens. 77,3 Prozent der Parteitagsdelegierten stimmten für ihn. Gegenkandidat*innen gab es nicht. Geboren 1994 in Düsseldorf Unterbilk als Sohn einer bosnischen Mutter und eines kosovarisch-albanischen Vaters, trat Selimi 2016 in die SPD ein. Adis Selimi hat Philosophie und Geschichtswissenschaften in Düsseldorf studiert und an der Heinrich-Heine-Universität (HHU) im Sommer seine 2024 Doktorarbeit abgeschlossen. Der 30-Jährige arbeitet als Dozent an der HHU, er unterrichtet Studierende des Masterstudiengangs Philosophy & Economics, der Philosophie und Wirtschaftswissenschaften verbindet.
Sagte in ruhigem Ton: “Die SPD Düsseldorf muss bei Null anfangen.”: der neue Düsseldorfer SPD-Chef Adis Selimi.
In einer Zeit, in der die Demokratie von außen durch Autokraten und von innen durch Rechtsextremisten bedroht werde, brauche es die SPD als Anwalt all derer, die sich für die Gesellschaft einsetzten und nicht besonders laut seien, sagte Selimi in seiner kurzen Bewerbungsrede. Gemeinsam mit dem OB-Kandidaten Fabian Zachel und dem am Tag zuvor beschlossenen Wahlprogramm mit dem Titel „Ein guter Plan. Für Düsseldorf. Für dich.“ werde die SPD bezahlbares Wohnen zur Chefsache machen und sich für die Interessen der Bürger einsetzen.
Schon jetzt setzt die SPD wesentliche Impulse“
Selimi verwies darauf, dass bereits jetzt wesentliche Impulse in Düsseldorf von der SPD kämen – und eben nicht von der sogenannten „ schwarz-grünen Gestaltungsmehrheit“. Als Beispiele nannte er den Plan, 8000 Wohnungen auf städtischen Flächen zu bauen und das Schulbauprogramm. Die Ratsfraktion mit Markus Raub und Sabrina Proschmann an der Spitze leiste hier eine sehr gute Arbeit.
Auf die Frage, was er denn als Parteivorsitzender anders machen werde als seine glücklosen Vorgänger, sagte Selimi sehr ehrlich, die SPD müsse bei Null anfangen, sich intensiver um die Vernetzung mit Gewerkschaften, Betriebsräten und gesellschaftlich relevanten Gruppen kümmern: „Sozialdemokratie ist eine soziale Bewegung.“
“SPD muss sichtbarer und nahbarer sein“
Als Stellvertretende Vorsitzende wurden Dana Khosravi und Marie Kirschstein gewählt. Khosravi ist seit 2006 SPD-Mitglied und Leiterin Public Affairs & Digitalpolicy bei einem IT-Mittelständler. Sie trete mit dem klaren Ziel an, das Düsseldorfer Rathaus wieder rot zu machen, sagte sie. Eine starke Wirtschaft und Industrie seien das Rückgrat guter Arbeit in Düsseldorf. Die aktuellen Entwicklungen – „von der Schließung des Traditionsunternehmens Löwensenf bis ZF – führen uns vor Augen, wie ernst die Lage ist.“ Der neue Vorstand der SPD Düsseldorf werde sich mit ganzer Kraft dafür einsetzen, Industriearbeitsplätze zu sichern und den Wirtschaftsstandort sozial, nachhaltig und zukunftsfest zu gestalten – „im Interesse der Menschen, die hier leben und arbeiten.“ Ändern müsse sich aber auch die Partei. Traditionelle Strukturen passten nicht mehr zu einer Gesellschaft, die schneller, moderner und anspruchsvoller geworden sei.
Marie Kirschstein (l.) und Dana Khosravi sind die neuen SPD Vize-Vorsitzenden in Düsseldorf.
Marie Kirschstein, Kommunikationsreferentin bei der Film- und Medienstiftung NRW und SPD-Mitglied seit 2013, ergänzt: „Unsere Politik muss im Stadtbild wieder sichtbarer und nahbarer werden. Dafür braucht es nicht nur kluge Konzepte, sondern auch eine klare, glaubwürdige Kommunikation. Ich bin überzeugt: Wenn wir gemeinsam unsere Strukturen stärken und die Menschen mitnehmen, dann kann Düsseldorf wieder sozialer, gerechter und zukunftsfester werden.“ Die Reden der Stellvertreterinnen wirkten zupackender und kämpferischer als die des neuen Vorsitzenden. Nach der Komplettierung des Unterbezirksvorstands wurden Delegierte für zahlreiche Parteigremien gewählt.
Fünf zentrale Programm-Punkte
Fabian Rachel (Mitte) tritt als OB-Kandidat der SPD zur Kommunalwahl am 14. September mit einem runderneuerten Programm an, das beim Parteitag beschlossen wurde. Sabrina Proschmann sorgt als bereits als Co-Vorsitzende der SPD-Ratsfraktion für sozialdemokratische Akzente in der Stadt. Olaf Jansen (l.) organisierte den Programmprozess.
Das neue Kommunalwahlprogramm der SPD hat fünf wesentliche Kapitel. Das wichtigste: Wohnen in bezahlbaren Mitwohnungen. Immerhin sind auch in der Glitzerstadt Düsseldorf 81 Prozent der Bürger*innen Mieter und keine Eigentümer. Da in den kommenden Jahren viele heute noch preiswerte Wohnungen aus der Sozialbindung fallen werden, seien 8.000 neue, bezahlbare Wohnungen nicht genug, sagte die Fraktionsvorsitzende Sabrina Proschmann. Es fehle eine Wohnungsmenge in fünfstelliger Höhe, um den Bedarf zu decken.
Das Thema Wirtschaft soll nach dem Willen der SPD wieder Chefsache werden – was sie unter Amtsinhaber OB Stephan Keller nicht mehr sei. Der konzentriere seine Initiativen auf die Innenstadt und dort vor allem auf die Altstadt. Die SPD will bei Mobilität und dem Dreiklang aus Sicherheit, Sauberkeit und Ordnung auch die Außenbezirke besser als bisher versorgen.
Nicht zuletzt sehen sich die Sozialdemokraten als diejenige Partei, die den sozialen Zusammenhalt wieder stärken kann. Der auch aufgrund des Klimawandels notwendige Wandel müsse zugleich sozial verträglich sein.