Düsseldorf: Beschwerde erfolgreich – ehemaliger Obdachloser Krzysztof muss nicht ins Gefängnis

Die Streetworker von fiftyfifty waren im April fassungslos, als der von ihnen betreute Krzysztof Glinkowski berichtete, dass seine Bewährung widerrufen worden sei und ein nun bald ins Gefängnis müsse. Denn Krzysztof gehört zu den ehemaligen Obdachlosen, die es geschafft haben. Er hat einen Entzug gemacht, über Housing First eine eigene Wohnung bezogen, bezieht keinerlei staatliche Unterstützung mehr, da er seinen Lebensunterhalt und das Abbezahlen seiner Schulden mit gleich zwei Jobs selber regelt. Und doch sollte er für den Diebstahl einer Flasche Wein für 1,49 Euro für sechs Monate ins Gefängnis.
Krzysztof Leben war nicht einfach und bei seinen ersten Kontakten mit den Streetworkern war er in keinem guten Zustand, wie Oliver Ongaro sich erinnert. 2019 hatte der gebürtige Pole eine dreijährige Bewährungsstrafe wegen Ladendiebstahls und Schwarzfahren kassiert. Damals lebte er noch auf der Straße. Kurz vor dem Ende seiner Bewährung klaute er in einem Supermarkt eine billige Flasche Wein – und wurde erwischt. Es folgte eine weitere Freiheitsstrafe von drei Monaten, die wieder zur Bewährung ausgesetzt wurde. Denn das Gericht erkannte an, dass Krzysztof sein Leben in den Griff bekommen wollte und dass ihm eine günstige Sozialprognose ausgestellt wurde. Er unterzog sich einer stationären Entgiftungstherapie, regelte seinen Schulden und suchte Rat bei den Streetworkern. Die unterstützten durch eine Wohnung aus den Housing-First-Projekt, die er selber finanziert.
Warum dann die Staatsanwaltschaft im Jahr 2025 die Bewährung aus dem Urteil von 2019 wegen des Weindiebstahls 2022 widerrufen hat, ist äußerst undurchsichtig und traf auch den Bewährungshelfer vollkommen unerwartet. Eine Rolle spielte dabei noch ein andere Pole, dessen Name Krzysztof angeblich als Alias-Name benutzt hatte, falsch zugestellte amtliche Schreiben und eine Krankheit, weshalb eine Widerspruchsfrist um einen Tag versäumt wurde.
Tragisch daran sei besonders, wie Oliver Ongaro betont, dass kein armer Mensch sich in einer solchen Situation zu helfen weiß. Geld für einen Anwalt haben die Menschen nicht, die drohende Strafe wird verdrängt und bestenfalls wenden sie sich an die Streetworker – wie in diesem Fall Krzysztof.
Einen Antrag auf Wiedereinsetzung des Verfahrens hatte das Amtsgericht Düsseldorf abgelehnt. Mit Hilfe eines Anwaltes von fiftyfifty wurde Beschwerde beim Landgericht eingelegt. Das Landgericht Düsseldorf hat nun der Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrags auf Wiedereinsetzung stattgegeben und hat zudem entschieden, dass die Bewährung nicht zu widerrufen ist. Die 11. große Strafkammer des Landgerichts Düsseldorf betonte aber in seiner Begründung auch: „Dass der angegriffene Beschluss durch die nicht hinterfragte Annahme einer angeblichen Alias-Personalie zustande kam, die vom mitteilenden Polizeipräsidium Düsseldorf sachlich nicht begründet worden war, mag für künftige (Widerrufs-) Verfahren zu denken geben.“ Ein klarer Hinweis darauf, dass hier verschiedene Stellen nicht ordentlich gearbeitet haben.
„Wir, und vor allem Krzysztof, freuen uns sehr, dass er nicht in Haft muss. Der Fall zeigt aber erneut wie wichtig eine kostenlose juristische Beratung für arme und obdachlose Menschen mit geringer Beschwerdekompetenz ist. Ohne anwaltliche Unterstützung wäre Krzysztof einfach ins Gefängnis gegangen“, erklärt Oliver Ongaro vom Straßenmagazin fiftyfifty.