Das Schwein ist schuld: Show ums Geld im Düsseldorfer Schauspielhaus
Die Possen des Monsieur Eugène Labiche sind ein Spaß. Ein bisschen angestaubt. 1864 wurde in Paris „Das Sparschwein“ uraufgeführt, eine Spottshow um ein paar brave Provinzler, die sich in der bösen Hauptstadt mit ihren Kartenspielerlösen amüsieren wollen, aus Doofheit jeden Sous verlieren und verhaftet werden. Mit Gesang. Eine süffige Vorlage für die Talente aus dem Schauspielstudio Düsseldorf, die sich vor dem Publikum ausprobieren wollen. Ihrem Meister André Kaczmarczyk und der Dramaturgin Janine Ortiz war das jedoch zu einfach. Sie haben das amüsante Stückchen mit Elfriede Jelineks Theatertirade über den Bankencrash vermischt: „Die Kontrakte des Kaufmanns“ (2009). Anstrengend.
Ums Geld geht es in beiden Texten. Ansonsten haben sie nichts gemeinsam. Es ist schon phänomenal, wie die junge Truppe die Versatzstücke dennoch mit durchgehender Power zu einer atemlosen Revue verbindet. So schnell, wie sie mit Muskelkraft ein Bühnengestell im Kreis drehen, bis der Glitzervorhang flattert, variieren sie die Kostüme vom Geschäftsanzug bis zum Rüschenrock, wechseln die Rollen, sprechen im Chor, singen ziemlich alberne Schlagervariationen: „Hinter den Kulissen von Paris ist das Leben gar nicht mal so süß …“
Immer lustig bleiben
„Vaudeville“ ist das Stichwort, jene französische Art von musikalischem Amüsiertheater fürs Volk. Nichts für zarte Naturen. Es wird gekaspert, grimassiert, mit verzerrten Schnuten posiert. Kein einziger Satz darf mal in Ruhe gesprochen werden, man ruft die Monologe und Dialoge ins Publikum. Keine Zeit, die Charaktere aus der Provinz individuell auszuspielen: Der Stoff muss ja bewältigt werden. Und so spielt zum Beispiel die zarte Charlotte Schülke den Banker, den Dorfnotar, den Bauernsohn und, unter Zuhilfenahme eines beachtlichen Karnevalsschnurrbarts, den Pariser Kommissar. Der trägt eine Sherlock-Holmes-Kappe und berlinert, weil’s vermutlich lustig ist.
„Das Schwein ist schuld“, seufzen da die vom Pariser Geschäftsgebaren geschädigten Freunde aus der Provinz in Labiches Posse. Gemeint ist das Sparschwein, das sie mit Spielgewinnen fütterten und schlachteten, um davon ihren Ausflug zu machen. Auch die Bank ist so ein Schwein, nur das sie das Ersparte nicht mehr zurückgibt. Der Kleinanleger geht leer aus. „Geld ist alle. Aber Geld ist nicht alles“, wiederholt der Chor der Berater in Jelineks Stück, was hier mit Schwung untergerührt wurde. Jelineks bitterböse Kapitalismuskritik, die das Geld als Gott und zugleich als das Nichts darstellt, kommt in der Revue auch nicht so recht zur Geltung. Irritierend der Ausklang mit dem Hinweis auf den Amoklauf eines bankrotten Anlegers, der die ganze Familie abschlachtete. Passt so gar nicht zur Posse, und deshalb gibt’s am Ende nochmal Federn, Rüschen und einen schönen Cancan. Liebevoller Applaus.
Weitere Vorstellungen
„Das Sparschein/Die Kontrakte des Kaufmanns“ von Eugène Labiche/Elfriede Jelinek. Ein Vaudeville mit den Studierenden des Schauspielstudios Düsseldorf der Leipziger Hochschule für Musik und Theater. Zwei Stunden ohne Pause. Regie: André Kaczmarczyk. Weitere Vorstellungen im Kleinen Haus am Gründgens-Platz: 10. und 24. März, 1. und 19. April. www.dhaus.de