Düsseldorf: Gedenken 30 Jahre nach dem Mord an Siegfried Strukmeier

Die LGBTIQ+ Community legte am Sonntag (2.11.) einen rein weißen Kranz an fast der Stelle nieder, an der Siegfried Strukmeier am Abend des 2. November 1995 ermordet wurde. Die Stadt und Oberbürgermeister Dr. Stephan Keller trugen einen in rot und weiß gehaltenen Kranz bei. Und seit kurzem steht dort ein Spitzahorn, dessen Laub im Herbst goldrot leuchtet. Das Gartenamt hat ihn gepflanzte, um an die Greueltat und an das damit verbundene Vermächtnis Siegfried Strukmeiers zu erinnern. Demnächst wird es auch eine Gedenkplakette geben.
Siegfried Strukmeier wurde am 11. September 1948 in Wuppertal geboren. Der gelernte Einzelhandelskaufmann arbeitete zunächst in einem Wuppertaler Einrichtungshaus und wurde Mitte der 1970er-Jahre Abteilungsleiter bei einem großen Wohnausstatter in Gladbeck. Im Jahr 1984 wechselte er nach Düsseldorf und wurde von der Architektenkammer NRW aufgrund seiner überdurchschnittlichen Begabung als Diplom-Designer anerkannt. Als Innenarchitekt machte er sich einen Namen und stattete edle Wohnungen in Oberkassel und Büros großer Werbeagenturen aus. In seiner Freizeit war er künstlerisch tätig.

Elisabeth Wilfart, Leiterin des Amtes für Gleichstellung und Antidiskriminierung, Foto: Dirk Schmidt
„Siegfried Strukmeier wurde ermordet, weil er schwul war“, betonte Düsseldorfs Gleichstellungsbeauftragte Elisabeth Wilfart. „In jener Nacht traf er am Rande des Hofgartens auf vier von Hass getriebene junge Männer. Sie griffen an diesem Abend wahllos an, wen sie für schwul hielten. Sie schlugen Siegfried Strukmeier, beleidigten ihn und stachen mit einem Messer auf ihn ein. Siegfried Strukmeier starb im Hofgarten.“
Mehr als 100 Menschen waren zur Gedenkfeier gekommen. Sie trauerten, so wie Bruder, Schwägerin und Neffe von Siegfried Strukmeier, und schöpften dennoch Hoffnung. Denn aus der Bluttat erwuchs eine sich verändernde Düsseldorfer Stadtgesellschaft. Die Lokalpolitik befasste sich intensiver mit der Verfolgung von Homosexuellen und mit der Diskriminierung von Minderheiten. Es wurde eine Fachgruppe „Gewalt gegen Lesben und Schwule“ beim Kriminalpräventiven Rat eingerichtet und das „Schwule Überfall-Telefon“ ins Leben gerufen.

Mehrere Dutzend Teilnehmer waren in den Hofgarten gekommen, Foto: Dirk Schmidt
Außerdem wurde im Sommer 1998 im Hofgarten eine Notrufsäule aufgestellt. Nicht selbstverständlich in einer Zeit, in der der Paragraph 175 im Strafgesetzbuch, der sogenannte Schwulen-Paragraph, erst gut ein Jahr zuvor gestrichen worden war. Gleichgeschlechtliche Handlungen zwischen Erwachsenen wurden erst am 10. März 1994 vollständig entkriminalisiert. Die Stadt Düsseldorf hatte sich am 29. Juni 1995 auf den Weg gemacht, die neuen Realitäten tatsächlich umzusetzen. Der Rat beschloss eine Resolution gegen Diskriminierung. Darin steht ein Satz, der bis heute Gültigkeit besitzt: „Düsseldorf als internationale und weltoffene Stadt hat die Verpflichtung, sich aktiv für Menschenwürde, Gleichberechtigung und Gleichstellung einzusetzen.“
Eine Zeit lang sah so aus, als ob der Weg zur Gleichstellung und Gleichbehandlung von Minderheiten tatsächlich erfolgreich beschritten würde. Die KG Regenbogen, die inzwischen größte Karnevalsgesellschaft in Düsseldorf und die größte schwul-lesbische KG in Deutschland, wurde im Jahr 2000 gegründet. Die erste Demonstration anlässlich des Christopher Street Days (CSD) zog 2004 durch Düsseldorf. Bis 2021 dauerte es, bis das Amt für Gleichstellung und Antidiskriminierung in der Landeshauptstadt eingerichtet wurde. „Aus Schmerz wurde Engagement, aus Trauer Bewegung,“ resümierte Wilfart. „Die Community ist sichtbarer geworden, Rechte wurden erkämpft. Die Stadt hat gelernt zuzuhören.“

Max, Michaela und Dieter Struckmeier am Gedenkbaum im Hofgarten
Doch es gibt inzwischen wieder vermehrt intolerante inakzeptable Töne. „Der Hass ist nicht verschwunden. Homo- und Transfeindlichkeit gibt es noch immer, auf der Straße, im Netz, im Alltag“, beklagte Wilfart. „Die Zahl der queerfeindlichen Straftaten in Nordrhein-Westfalen hat sich von 2022 mit 83 Fällen auf 203 Fälle im Jahr 2024 mehr als verdoppelt. Und da sind die Dunkelziffern nicht berücksichtigt.“ Die Gesellschaft ist also von Gleichberechtigung und Gleichbehandlung immer noch weit entfernt. „Der Auftrag, der uns Siegfried Strukmeiers Tod hinterlässt lautet nicht im Schmerz verharren, sondern mit Mitgefühl, Mut und Menschlichkeit weiterzugehen“, appellierte die Gleichstellungsbeauftragte. „Düsseldorf kann und soll ein Ort bleiben, an dem das Miteinander stärker ist als der Hass, die Würde stärker als die Angst und die Liebe stärker als jede Ideologie.“

Im Theatermuseum gab es anschließend noch eine Podiumsdiskussion, Foto: Dirk Schmidt
Im Anschluss an die Gedenkveranstaltung im Hofgarten fand im Theatermuseum eine Podiumsdiskussion mit Angehörigen und Zeitzeug*innen statt.