Dinge des Lebens: Familiendrama im Düsseldorfer Theater an der Kö

„Unterhaltung pur, Lachen garantiert“ verspricht das Theater an der Kö auf Instagram. Doch die neueste Premiere hinterlässt gemischte Gefühle, vielleicht sogar eine gewisse Traurigkeit. Wie das Leben selbst. Damit sind die „Dinge, die ich sicher weiß“ näher an der Realität als die meisten Produktionen der Düsseldorfer Boulevardbühne. Als „eindringliche Familienkomödie“ wird das 2016 uraufgeführte Stück des Australiers Andrew Bovell bezeichnet. Es hat Tempo, es hat Pointen wie ein Lustspiel. Aber es ist eher eine Alltagstragödie, mit großem Ernst inszeniert von Anatol Preissler.
Sie haben sich ja alle so lieb: Der verrentete Arbeiter Bob, seine Frau, die Krankenschwester Fran, und ihre vier erwachsenen Kinder: Mark, Pip, Ben und Rosie. Im Garten des Hauses, das sie sich zusammengespart haben, wird das Familienglück beschworen. Ein Eukalyptusbaum, ein Schuppen, ein paar sorgfältig gepflegte Rosenstöcke, der große Esstisch (Bühnenbau: Stephan Rossa) sind die Kulissen der vermeintlich heilen Welt. Geborgenheit ist zwangsläufig auch Enge. In einer Art Einzelaufstellung am Anfang und am Ende und in prosaischen Monolagen wird klar: Jede Person kämpft mit dem eigenen Schicksal. Erwartungen müssen enttäuscht werden.

Rosie (links, Katarina Schmidt) kommt nach einem Europa-Trip frühzeitig nach Hause. Die Familie merkt gleich, dass alles schiefgelaufen ist: “Dinge, die ich sicher weiß”. Foto: Theater an der Kö
Was ist passiert?
Die Jüngste, Rosie (Katarina Schmidt), kommt mit Herzeleid nach Hause zurück. Ein Europa-Trip brachte ihr nicht das erhoffte Glücksgefühl. Zudem wurde sie in Berlin von einem Lover verlassen und beklaut. Ihr Versuch, gute Laune vorzugeben, scheitert. „Was ist passiert?“ fragen Vater, Mutter und die Geschwister. Nacheinander. Ein Running Gag – und ein Zeichen: Es gibt ein Gespür in dieser Familie. Man will sich gegenseitig stützen, doch das Gefüge bricht. Rosies ältere Schwester Pip (Jantje Billker), die sich von der Mutter nie richtig geliebt fühlte, wird Mann, Kinder und das Land verlassen, um in Kanada einer verkorksten Affäre zu folgen. Karrierist und Hätschelkind Ben (Matthias Renneisen) hat Geld unterschlagen und muss um seine Existenz fürchten. Und der vernünftige Älteste, Mark (Tilmar Kuhn), hat beschlossen, eine Frau zu werden.
Am stärksten berührt ist man von den Eltern. Gerhard Mohr spielt mit hilfloser Zärtlichkeit den Vater Bob, der vor Jahren von seiner Firma aussortiert wurde, beharrlich den Garten pflegt und oft nicht weiß, was zu sagen ist. Umso wortreicher ist seine Frau Fran, die vor keiner Wahrheit zurückschreckt: „Ich habe genug vom Muttersein“, schmettert sie der Familie entgegen. Die Kinder verzehren ihre Kraft. Auch den Wert der langen Ehe zweifelt sie an: „Man entliebt sich!“ Sehnsüchte blieben unerfüllt. Maria Hartmann als Fran beschönigt nichts. Sie schreit Wut und Schmerz heraus. Beeindruckend. Als Kraftzentrum der Bühnenfamilie hat sie, nach einem erschütternden Ende, den größten Applaus verdient.
Herbstprogramm
„Dinge, die ich sicher weiß“, eine eindringliche Familienkomödie von Andrew Vovell in der Inszenierung von Anatol Preissler steht bis zum 30. November auf dem Spielplan des Theaters an der Kö, Schadowstr. 11 (in den Schadow-Arkaden). Die nächsten Vorstellungen sind am 29., 30. und 31. Oktober sowie am 1., 2. und vom 5. bis 9. November, jeweils 20 Uhr (am 5. Nov. zusätzlich um 16 Uhr). Tickets an der Theaterkasse (Mo.-Sa. 11 bis 20 Uhr, So. 13 bis 18 Uhr), telefonisch (0211 / 322 333) oder online unter www.theateranderkoe.de