Kunst aus Miettinens Salon bei Philara in Düsseldorf

Timo Miettinen liebt die Kunst wie sein Düsseldorfer Freund Gil Bronner. Aber der finnische Unternehmer hat kein Museum gebaut. Er zeigt seine Schätze in einem Charlottenburger Wohnhaus, wo er, „berlinisiert“, als „Sammler und Salonnier“ lebt, seit er die Leitung des Familienunternehmens in Helsinki der nächsten Generation überlassen hat. Vom Austausch der Herren profitiert nun auch das Publikum. Während in Miettinens Berliner Salon derzeit Highlights aus der Düsseldorfer Sammlung Philara gezeigt werden, gibt es in Düsseldorf einen Eindruck von der Fülle und dem Esprit der Miettinen Collection: „Where Are We Now?“

Der Sammler als Kunstsujet: Oska Gutheil malte Timo Miettinen in seinem Berliner Salon – mit Zigarre und einem lächelnden Leoparden. Foto: bikö
Wo wir jetzt sind? Nun, jedenfalls woanders. Und das ist das Erfrischende und Spannende an der von Florian Peters-Messer und Linda Peitz kuratierten Ausstellung in zwei Etagen der ehemaligen Glasfabrik an der Birkenstraße. Da sieht man neue finnische Landschaftsmalerei wie die monethaft flirrenden „Feuchtgebiete“ von Eemil Karila oder einen „Zerbrochenen Waldblick“ von Joonas Kota. Aurora Reinhard aus Helsinki hat einen fast romantischen „Frühlingsmorgen am Kruunuvor Teich“ fotografiert – und die Gipsskulptur einer Dior-Handtasche („Das Ende #3“) in einen offenen Spind in der Garderobe gestellt. Gefühl und Witz vertragen sich in dieser Sammlung genauso gut wie Poesie und Politik.

Neue finnische Landschaftsmalerei – von Eemil Karila (links) und Joonas Kota. In der Mitte: eine Fotografie von Aurora Reinhard und kleines Bild von Etel Adnan. Foto: bikö
Kakteen aus Stahl
Mit dem Tacker, Nägeln und Kleber hat der Finne Antti Laitinen aus verzweigten, biegsamen Weiden zweieinhalb Meter hohe Reliefs gemacht, die aus der Ferne wie Zeichnungen wirken. Gleich daneben gibt’s wilde deutsche Kunst: Hans-Jörg Mayer malte ein halbnacktes Paar beim Auftritt ohne Hosen, aber mit tadellosen Oberteilen: „Vogue“. Offenbar lieferte die Modezeitschrift eine Inspiration. Markiert wird die große verspiegelte Eingangshalle von silbern glänzenden Kakteen, die wie harmlose Ballons aussehen, aber aus geblähtem, feuerverzinkten Stahl bestehen: ein Raum-Werk des jungen Berliners Stefan Knauf.

Auch subtile politische Statements gehören zur Miettinen Collection. Hier zeigt Julika Bosch, die Leiterin der Sammlung Philara, ein Foto der Finnin Noora Geagea: ein Clown neben einem Polizeipferd. Titel: „Gegen“. Foto: bikö
Durch ein politisches Kabinett, wo unter anderem ein trauriger Clown neben einem Polizeipferd (auf einem Foto der Finnin Nora Geagea) für Beunruhigung sorgt, geht es in einen Saal, der den spanischen Maler Secundino Hernández feiert. Seine Serie „Lupis Ipsum“ (den Wölfen) ist eine frei schwebende gestische Malerei, die auf El Grecos „Apostel“ reagiert. Ein dick gespachteltes, reliefartig pastoses Bild in der Mitte soll auf Jesu Leib und Seele verweisen. Abstraktion kann auch spirituell wirken.

In einem großen Seitensaal wird das Werk des spanischen Malers Secundino Hernández gefeiert: ein Hauptkünstler in der Miettinen Collection. Foto: bikö
Lächelnder Leo
Der 69-jährige Sammler Miettinen lässt seinen Kunstgeschmack lustvoll schweifen, er ist nicht festgelegt auf einen bestimmten Stil. Es darf unheimlich sein wie der „Schwebende Kopf“, dem in der Finsternis eines Bildes von Filip Henin der Körper verloren gegangen ist. Es darf prall und sinnlich sein wie die Malerei des alten Berliner „Wilden“ Rainer Fetting, der einen männlichen Rückenakt neben einen Stöckelschuh platziert („Sebastian + Fetisch“, 2003). Es darf aber auch zart und durchsichtig sein wie ein vielschichtiges graues Flächenaquarell von Joachim Bandau. Im nächsten Raum sorgt die 73-jährige Japanerin Leiko Ikemura für Atmosphäre. Sie legte eine stille, hell patinierte Bronzefigur als „Memento Mori“ unter die Trauerweide auf einer Flusslandschaft in feinen Temperafarben („Kolonie“).

So schön kann Melancholie sein: Leiko Ikemura legte eine patinierte Bronzefigur („Memento Mori“) unter das Gemälde einer Flusslandschaft. Foto: bikö
Kraftvoll hingegen leuchtet das abstrakt-expressive „Lieblingsbild von Paul Cézanne“, das der Schwabe André Butzer in Öl auf Leinwand hieb. Auch in der ersten Etage des Hauses sind noch Miettinen-Entdeckungen zu machen, wie Amoako Boafos liebevolles Bildnis des Autors und Sängers Steve Mekoudja im ornamentalen Hemd. Auf keinen Fall verpassen sollte man das „Porträt Timo Miettinen“, das Oska Gutheil 2019 mit Humor und Zuneigung malte. Der Sammler sitzt, von Kunstwerken umgeben, in seinem Salon, und ein Leopard zu seinen Füßen lächelt mit dem Mund eines Menschen. Alles ist möglich in der Kunst.

Expressive Abstraktion: Der Maler André Butzer nennt das Großformat „Lieblingsbild von Paul Cézanne“, rechts hängt sein „Hölderlin“. Foto: bikö
Was, wann und wo?
„Where Are We Now? Highlights der Miettinen Collection“: bis 21. September in der Sammlung Philara, Düsseldorf, Birkenstr. 47a (im Hinterhof). Geöffnet Fr. 16 bis 20 Uhr, Sa. und So. 14 bis 18 Uhr. Eintritt frei, Spende erwünscht („Pay what you wish“). Noch bis zum 27. Juli zeigt die Sammlung Philara im Gegenzug ihre Highlights bei Miettinen in Berlin, Marburger Str. 3. Immer Sa. 12 bis 18 Uhr. www.philara.de