Neue Kunstsuche im Lantz’schen Skulpturenpark Düsseldorf-Lohausen

Eitel Sonnenschein herrschte bei der Eröffnung des Lantz’schen Skulpturenparks. Nicht nur am Himmel über Lohausen, auch in den Freiluft-Reden. Bestens gelaunt pries Kulturamtsleiterin Angélique Tracik die Düsseldorfer Kunstkommission, „die immer so kluge und tolle Entscheidungen trifft“. Und deren Vorsitzende Johanna Adam, selbst Kuratorin an der Bonner Bundeskunsthalle, freute sich, dass sie in den letzten Jahren „so tolle, professionelle, international vernetzte Kurator*innen gewinnen konnten“. Ja, doppelt toll. Nur dumm, dass auch die diesjährige Schau, „Borrowed Scenery“, kaum wahrzunehmen ist.

“Frische Perspektiven, innovative Ansätze” bescheinigt Kulturamtsleiterin Angélique Tracik (Mitte) im Lantz’schen Park der Kuratorin Stephanie Seidel (links) und Johanna Adam von der Kunstkommission. Foto: bikö
An mangelnder Denkarbeit kann es auf keinen Fall liegen. Kuratorin Stephanie Seidel, die aus Düsseldorf stammt und seit 2016 am Institute of Contemporary Art in der Trump-Metropole Miami die Flagge der freien Kunst hochhält, hat sich über den Atlantik hinweg ein ganzes Jahr lang mit dem Konzept beschäftigt. Dabei entstanden imponierende Sätze wie: „In dem Bewusstsein, dass unsere Umwelt ebenso sehr von immateriellen Kräften wie von festen Materialien geprägt ist, rückt die Ausstellung Borrowed Scenery die Idee des Lantz’schen Parks als einen konstruierten Raum in den Mittelpunkt, der historische Erzählungen und gesellschaftliche Dynamiken über die Zeit hinweg in sich trägt.“
Schiefe Bänke
Dann schauen wir mal. Auf den ersten Blick ist da nix, aber es gibt am Eingang einen Plan, sehr klein und verschränkt bedruckt, der einen gewissen Schnitzeljagd-Ehrgeiz weckt. Gleich vorn, auf der Wiese vor der ehemaligen Lantz’schen Villa, die jetzt einem Textilunternehmen als Showroom dient, muss es was Neues geben. Nein, nicht Meusers weiße Wand, die als „Dumme Kiste“ schon vor über 20 Jahren dort aufgestellt wurde. Vielmehr sind es zwei Holzbänke mit gusseisernenen Füßen am Wegesrand. Hinsetzen erlaubt. Das Kunstvolle daran: Sie sind etwas kleiner als normal und leicht schief.

Diese Bänke sind Kunst unter dem Titel “The Ambassadors”: Die Amerikanerin Nancy Lupo hat sie leicht schief konstruiert, um die Perspektive zu verzerren. Foto: bikö
Solche Bänke, liest man, sah die amerikanische Künstlerin Nancy Lupo bei einer Georgien-Reise in Tiflis: Inspiration! „The Ambassadors“ nennt sie ihr Werk nach einem berühmten Gemälde von Hans Holbein dem Jüngeren aus dem Jahr 1553. Wieso Holbein? Weil der auch etwas von verzerrter Perspektive wusste, und Nancy will nun „Ursprung und Authentizität der Landschaft in ein halluzinatorisches Relief“ rücken. Ach so. Unbeeindruckt zwitschern die Vöglein in den Bäumen, Spaziergänger und Radler kommen vorbei. Wir bummeln erst mal weiter am Rand des Parks entlang, bis ganz nach hinten zur Lindenallee, wo ein sehr einsamer Marmorblock steht.

Ganz weit hinten, an der Lindenallee, steht noch ein einsames Werk des Lantz’schen Skulpturenparks: ein Marmorblock namens “Speaker of the House” von Benjamin Hirte. Foto: bikö
Schlangensonne
Der in Berlin lebende Bildhauer Benjamin Hirte hat ihn aufgestellt, in der Nähe eines alten, mit Unkraut bewachsenen Zierfelsens. Die Oberfläche des Blocks weist eine wellige Struktur und ein paar Bohrlöcher auf. Als „Speaker of the House“ soll der Stein auf im Park vorhandene alte Skulpturen und leere Podeste verweisen und davon erzählen, „wie selbst scheinbar ruhendes Material von historischen, sozialen und politischen Sedimenten durchzogen“ ist. Okay … Wer mehr sehen will, läuft von der Kapelle über den Hauptweg zurück. Ein paar rötliche Streifen (aus Ziegelmehl) markieren die Mitte einer „Schlangensonne“ mit ausgemähten Pfaden, die Dara Friedman aus Miami entworfen hat.

Hoch in der Baumkrone hängt “Lady’s Glove”, eine Riesenkette mit silbernem Herzanhänger von der Französin Mimosa Echard. Foto: bikö
Nach dem Willen der Künstlerin soll man auf ihren kaum sichtbaren Linien hin und her über die Wiese laufen – beliebig lang. Ziel: eine „zeitbasierte körperliche Erfahrung“. Während dieses Experiments fällt der Blick in eine halbkahle Baumkrone. Da hängt ein großes silbernes Herzchen an einer langen Kette, als hätte eine kindliche Riesin ihren Schmuck verloren. So habe die Französin Mimosa Echard, sagt der Erklärtext, „eine Art Anti-Denkmal“ geschaffen, „das den Anschein einer öffentlichen Zurschaustellung von Intimität erweckt“.
Baumkleider
Immerhin, ein Schmunzeln wird erzeugt, wenn man auch die Kette da oben schlecht erkennen kann. Mehr her macht die Idee der Kanadierin Allison Katz – ebenfalls mit modischer Komponente. Sie schneiderte fotogene „Skirts for Trees“, Röcke für elf junge Bäume am Nordrand des Parks nahe dem Spielplatz. Auf den Stoffen sieht man Spaliere mit Figuren, Ornamente, flatternde Wesen, eine Hand mit Herz. „Eine surreale Schleife“ soll durch diese Installation entstehen.

Röcke für die Bäume – “Skirts for Trees” – entwarf die Kanadierin Allison Katz und installierte die Stoffe im Lantz’schen Park. Foto: bikö
Damit ist man mit der temporären Kunst im Lantz’schen Park allerdings schon durch. Das magere Ergebnis steht (wieder mal) in keinem Verhältnis zur behaupteten Bedeutung. Daran ändert auch eine sechste Position nichts – ganz woanders, nämlich im Foyer des Künstlervereins Malkasten an der Jacobistraße in der Stadt. Dort hat die Belgierin Edith Dekyndt einen Kunstvorhang platziert, der mit dem „Green of Schweinfurt“ gefärbt ist, einem giftigen Farbstoff, der im 19. Jahrhundert benutzt wurde. Der Malkastenpark ähnelt dem Lantz’schen, und so, findet die Kuratorin, „wird eine historische und räumliche Achse quer durch die Stadt gebildet“. Wenn sie meint …
Was, wann und wo?
Der Lantz’sche Skulpturenpark, ein Projekt der Düsseldorfer Kunstkommission, ist bis 7. September zu sehen. In dem 14 Hektar großen öffentlichen Garten an der Lohauser Dorfstraße sind unter dem Titel „Borrowed Scenery“ (Geliehene Landschaft) die Werke von fünf internationalen Künstler*innen zu entdecken: Mimosa Echard, Dara Friedman, Benjamin Hirte, Allison Katz, Nancy Lupo. Freier Zugang. Dazu kommt ein Werk von Edith Dekyndt im Malkasten-Foyer, Jacobistraße 6. Kuratorin: Stephanie Seidel. Familienführung am 20. Juli, 15 Uhr, Kuratorinnenführung am 27. Juli, 15 Uhr. Näheres unter: www.kunstkommission-duesseldorf.de/