Düsseldorf Himmelgeist: Stadt und Bezirksregierung verweigern Rückverlegung des Deiches im Rheinbogen

Der zuständige Landesumweltminister, die damalige Präsidentin der Bezirksregierung Düsseldorf und der Duisburger Oberbürgermeister waren höchstselbst anwesend. Gemeinsam bewarfen sie 2015 die Natur mit einigen Schüppchen voller Sand. Dann ging es los: Für 57 Millionen Euro wurden 30.000 Lastwagenladungen voller Erde bewegt. Am Ende war der Rheindeich zwischen Düsseldorf und Duisburg weiter ins Land verlegt und runderneuert; ein durchgehender Radweg auf der Deichkrone inklusive. 60 Hektar, bis dahin landwirtschaftlich genutzte, Fläche gehören seither dem Rhein. Protestierende Bauern hatten das Nachsehen. Bei Hochwasser hat der Strom mehr Platz, um sich auszudehnen. Flußabwärts sinkt dadurch die Gefahr lebensgefährlicher Hochwasser. Natur und Mensch profitieren.
Hochwasserschutz vernachlässigt
Am Himmelgeister Rheinbogen warten wenigstens 13.000 Anwohnerinnen und Anwohner auf ihren Hochwasserschutz seit 30 Jahren vergebens. Käme ein Jahrhunderthochwasser, würde es ungehindert in die Straßen und Keller laufen. In Himmelgeist, Itter, Wersten – so weit die Hochwasserwelle eben trägt. Denn in Himmelgeist gibt es große Lücken dort – wo eigentlich längst ein Hochwasserschutz stehen sollte.

Gilt seit Jahrzehnten als zu schwach und zu niedrig: der Deich im Himmelgeister Rheinbogen.
Und einem bestehenden Deich im Himmelgeister Rheinbogen trauen Experten überhaupt nicht mehr. Er sei nicht mehr standsicher, zu niedrig, zu steil und müsste dringend erneuert werden. Wie im Norden der Stadt könnte auch dieser Deich ins Landesinnere verlegt werden. 114 Hektar Platz für den Rhein ließen sich so gewinnen. Eine weitere Entschärfung der Hochwassergefahr. Die Chance auf eine Natur- und Erholungslandschaft. Doch dagegen begehren laut Medienberichten zwei adelige Großgrundbesitzer und Bauern auf, die die Flächen bislang gewerblich nutzen.
Im Düsseldorfer Süden haben sie bereits vor Jahren das Ohr der Bezirksregierung gefunden. Was zu einer Blamage wurde. Denn der Planfeststellungsbeschluss aus dem Jahr 2020 für eine Deicherneuerung am bisherigen Standort wurde vom Oberverwaltungsgericht Münster in den Gully gespült. Die Verwaltungsrichter gaben dem Kläger, dem BUND für Umwelt- und Naturschutz, recht und bemängelten, dass die Rückverlegung des Rheindeiches im Himmelgeister Rheinbogen überhaupt nicht geprüft worden sei. Das war 2022. Ein Jahr später bestätigte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig den juristischen Bauchklatscher der Düsseldorfer Stadtentwässerer.
Den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss „heilen“
Doch die wollen unbedingt recht behalten – wie jetzt der Umweltausschuss des Düsseldorfer Rates erfuhr. Denn anstatt bisher Versäumtes nachzuholen, haben sich die schmerzfreien Fachleute eine Fachkanzlei an ihre Seite geholt. Teilweise mit offenem Mund und staunend hörten die Düsseldorfer Politiker, was man sich als Argumentation zurechtlegt, um den gerichtlich verworfenen Planfeststellungsbeschluss doch noch „zu heilen“.
Hochwasserereignisse am Rhein seien extrem selten – trug ein Experte vor. Innerhalb von sieben Jahren seien ganze vier Tage mit extremem Rheinhochwasser aufgetreten. So ähnlich hatten vermeintliche Experten auch im Ahrtal argumentiert – bis die Katastrophe kam. Für den Hochwasserschutz in Düsseldorf brauche es die Rückverlegung des Deiches im Himmelgeister Rheinbogen also nicht. Und auch eine Auenlandschaft sei dort nicht zu schaffen. Denn der Rhein habe sich mittlerweile bis zu zehn Meter tief eingegraben. Im gesamten Rheinbogen müsste die Oberfläche um mindestens acht Meter abgesenkt werden, um eine Auenlandschaft entstehen zu lassen. Also: In Himmelgeist wird die Deichplanung im Rheinbogen zementiert.
Einwände der Politik weggewischt
Sämtliche Argumente gegen die Beton-Position – vorgetragen unter anderem vom Grünen Ratsherrn Lukas Mielczarek, wurden im Umweltausschuss abgeschmettert. Die Fachleute interessieren sich weder für die Solidarität der Rheinanlieger beim Hochwasserschutz, für vor Jahren selbst eingeholte Gutachten oder den Schutz von 18 vom Aussterben bedrohten Wildbienenarten, die vor einer Deicherneuerung an alter Stelle umziehen müssten. Auch einen Vergleich mit den Urdenbacher Kämpe verbaten sich die Stadtentwässerer. Dort seien die Landschaftsprofile ganz anderes und nicht vergleichbar. So laufen sie in dieselbe Falle wie 2020. Und der Hochwasserschutz in Düsseldorf Himmelgeist bleibt bis auf weiteres – eine Farce.