Düsseldorf Gerresheim: Stele erinnert an die Schrecken der “Heeresstreife Kaiser”

80 Jahre nach Kriegsende werden die Zeitzeugen immer weniger. Umso wichtiger ist es, im Stadtbild Orte des Gedenkens und der Erinnerung zu haben, die auch der jüngeren Generation vor Augen führt, was damals geschehen ist und sich nie wiederholen soll. Dieses Ziel verfolgen zahlreiche Stolpersteine und Orte in Düsseldorf. Seit Dienstag (6.5.) ist eine Stele in Gerresheim hinzugekommen, die von der Bezirksvertetung initiiert wurde.

Rund 50 Interessierte waren zur Einweihung der Stele gekommen
Bei der Einweihung der Stele für die Opfer der „Heeresstreife Kaiser“ an der Benderstraße 80 betonten Bezirksbürgermeisterin Maria Icking, Bürgermeisterin Klaudia Zepuntke und der Leiter der Mahn- und Gedenkstätte Dr. Bastian Fleermann die Bedeutung von solchen Erinnerungsstellen mitten im Alltag. Denn das Unrecht der Nazis geschah nicht weit weg, es ereignete sich in unmittelbarer Nachbarschaft. Die authentischen und historischen Orte seien sehr wichtig, um den nachfolgenden Generationen die Geschichte zu übermitteln.
Am Apostelplatz, genau gegenüber der Benderstraße 80, gibt es nun die silberne Stele. Der Text informiert über die Dienststelle der „Heeresstreife Kaiser“ die dort am 8. März 1945 eingerichtet wurde. Es war kurz vor Kriegsende und viele Soldaten hatten den Glauben an den Endsieg längst verloren. Das führte dazu, dass zahlreiche Männer desertierten. Deshalb ließ der Düsseldorfer Gauleiter die Spezialeinheit unter der Leitung des ehemaligen Hauptmanns August Kaiser und des Feldwebels Adolf Stender einrichten und teilte ihnen rund ein Dutzend Soldaten zu. Ihre Aufgabe war es, in Düsseldorf nach angeblichen “Deserteuren” und ihren als “Volksverrätern” bezeichneten Helfer*innen zu fahnden. Die von der Gruppe verhafteten Menschen kamen in die Benderstraße 80, wurden dort verhört und schwer misshandelt. Anfänglich übergaben sie die Verhafteten an ein militärisches Standgericht. Später sparten sie sich das und verschleppten und erschossen ihre Opfer selbst willkürlich.

Der Text auf der Stele informiert über die Heeresstreife
Dr. Bastian Fleermann vermittelte bei seiner historischen Einordnung, wie die Heeresstreife in einer Mischung aus Fanatismus, Endzeitstimmung, Selbstermächtigung und Größenwahn versuchte das Trugbild des “Endsiegs” aufrecht und das nationalsozialistische Regime so lange wie möglich an der Macht zu halten. So wurde der Gerresheimer Josef Funk am 20.03.1945 in seiner Wohnung Alter Markt 5 festgenommen, da er angeblich zum Feind übergelaufen war. Zwei Tage später wurde er erschossen und sein Urteil als Abschreckung auf der Titelseite der Zeitung abgedruckt. Für ihn gibt es auch einen Stolperstein. Andere Gerresheimer, wie der 17-jährige Alwin Morsbach oder der 27-jährige Hans Precht fielen ebenfalls der Streife zum Opfer – an sie erinnert heute in Gerresheim nichts mehr.
Die Düsseldorferin Else Gores wurde am 11. April 1945 verhaftet, weil sie einem angeblichen “Deserteur” Unterkunft gewährt hatte. Nach Folter wurde sie in den Eller Forst gebracht, doch sie überlebte den Schuss, der sie töten sollte. Schwer verletzt wurde sie an Anwohnern gefunden. Aber bevor sie medizinisch versorgt werden konnte, wurde sie erneut von der “Heeresstreife Kaiser” abgeholt und mutmaßlich ermordet. Im Rahmen des Projektes FrauenOrte NRW wurde im April ein Gedenkort für sie im Eller Forst eingerichtet.

Das Haus an der Benderstraße 80
1947 wurde August Kaiser und Adolf Stender der Prozess gemacht. Im usprünglichen Urteil erhielt Kaiser 10 Jahre Haft und Stender die Todesstrafe. Durch zahlreiche Revisionen, der Abschaffung der Todesstrafe 1949 und einer Begnadigung kam Kaiser bereits 1954 und Stender 1955 wieder auf freien Fuß. Kaiser starb 1962 in Gerresheim. Stender wurde Ausbilder bei den Muskator-Werken und fiel dort weiter mit seiner nationalsozialistischen Gesinnung auf. Er starb 1994.
Geschichtsfestival Düsseldorf
Die Installation der Informationsstele fand im Rahmen des Programms der Gedenkveranstaltungsreihe “Düsseldorf erinnert – 80 Jahre Befreiung und Kriegsende” statt. Das gesamte Programm ist zu finden hier.
Die Veranstaltungsreihe endet mit dem Geschichtsfestival Düsseldorf, das am Freitag (9.5.) von 10 bis 20 Uhr und am Samstag (10.5.) von 11 bis 18 Uhr als Open-Air-Event auf der Wiese an der Reuterkaserne stattfindet. „Was war? Was ist? Was bleibt?!“ fragt das Festival für Politik und Kunst, das von jungen Menschen und für junge Menschen (bis rund 35 Jahre) gestaltet wird. Geplant sind Workshops, Vorträge und Gespräche, die Schlaglichter auf das Erinnern und Vergessen in Deutschland und Düsseldorf werfen. Dazu gehören offene Mitmachangebote, die einladen, sich mit Geschichte und Gegenwart auseinanderzusetzen und eigene Fragen einzubringen. Organisiert wird das Festival vom Jugendring Düsseldorf in Kooperation mit der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf und dem Erinnerungsort Alter Schlachthof.