Jugend eines Fußballers: Kramers Story im Schauspiel Düsseldorf

Es soll ja Leute geben, die nichts über Fußball wissen. Die können trotzdem ihren Spaß haben am Roman der Erinnerungen, die der einstige Mittelfeldspieler und heutige TV-Kommentator Christoph Kramer (34) aufgeschrieben hat. „Das Leben fing im Sommer an“ heißt die Bestseller-Geschichte seiner frühen Jugend in Solingen, und der gleichaltrige Regisseur Felix Krakau (35) hat ein liebevolles, kurzweiliges Konzentrat daraus auf die kleine Bühne des Düsseldorfer Schauspielhauses gebracht. Im Parkett freute sich der Autor, mit Solinger Clan.

Coole Freunde: Jonas Friedrich Leonhardi, Michael Fünfschilling, Moritz Klaus und Ludowika Held (von links) in “Das Leben fing im Sommer an”. Foto: Thomas Rabsch / Düsseldorfer Schauspielhaus
Chris ist erst 15 Jahre alt. Er kickt im BV Gräfrath und träumt davon, ein Fußballprofi zu werden. Aber darum geht es im Sommer 2006 nur um Rande. Wie alle heranwachsenden Kinder hat der Junge ganz andere Probleme: Die Haare, die Pickel, das Coolsein und die erste Amour. Das schönste Mädchen der Welt, Debbie, scheint nicht uninteressiert. Nur: Wie geht das mit dem ersten Kuss? Klappt dann im Kino („Nachts im Museum“). Doch Debbie ist nicht treu, weshalb der frustrierte Chris und sein Freund Tony ein paar Dummheiten machen.
Wie New York
Sie „leihen“ mal eben das Auto vom Sitzenbleiber und Partykönig Scheler und fahren ohne Führerschein nach Düsseldorf („wie New York“), um in der Disco „Le Soleil“ das Glück zu suchen. Polizei taucht auf, sie entwischen. Das Schicksal ist den Knaben hold. Eine Studentin, die als Barkeeperin jobbt, wird viel später, wie man zum Schluss erfährt, Kramers Ehefrau. Ja, die wahre Celina! Happy End. Und so ist die ganze Chose. Keine ernsthaften Probleme, kein Mobbing, keins jener Familiendramen, die in der Nachkriegs-Generation therapiert werden mussten.

Auf dem Weg ins verheißungsvolle Düsseldorf: Chris (Moritz Klaus, rechts) und sein bester Freund Johnny (Michael Fünfschilling) haben ein Auto stibitzt. Foto: Thomas Rabsch / Düsseldorfer Schauspielhaus
Okay, dass Papa beim Hof-Fest „Take your Time“ singt, ist ein bisschen peinlich. Aber sonst? Alle sind nett, die Eltern, die Schulkameraden. Kramer, inspiriert von seinen kindlichen Tagebüchern, blickt zurück ohne jeden Zorn. In Liebe und ein bisschen sehnsüchtig. Es ist eine Story für Teenager und junge Erwachsene, die auch mal gern an Capri-Sonne Kirsch genuckelt haben. Felix Krakau, der sogar Goethe in knackige Kurzform gebracht hat („Faust 1+2+3“) ist für den Stoff der ideale Regisseur.
Cool genug?
Auf einer variablen Rampe (von Marie Gimpel), die als Rutsche, Freibad, Schuppendach dient und unter runden Lampen, die auch Sterne der Verheißung sein können, lässt er fünf Schauspieler*Innen zeigen, was sie können. Mühelos wechseln sie von zitierter Prosa in die wörtliche Rede, machen das Buch lebendig. Moritz Klaus als Chris ist ein rührender Junge, hin- und hergerissen zwischen Sportlervernunft („Ich rauche nicht.“) und bangen Fragen („War die SMS cool genug?“). Die anderen vier wechseln mit Lust und Schwung die Rollen.

Schicksalhafte Begegnung: Chris (Moritz Klaus) trifft in der Disco seine spätere Frau Celina (Ludowika Held). Foto: Thomas Rabsch / Düsseldorfer Schauspielhaus
Michael Fünfschilling ist der beste Freund, Kappenträger Johnny, der weiß, wie man Frauen textet, und zwischendurch ist er der ungeduldige Typ an der Kinokasse. Jule Schuck glitzert als Debbie und gibt als diebische Nina Rätsel auf. Ludowika Held gibt sowohl den krassen Knaben Salvo (mit Hoodie und Kippe) als auch verschiedene Frauen, darunter die künftige große Liebe von Chris, Celina. Als bester Gestaltwandler erweist sich Jonas Friedrich Leonhardi, der immer wieder eine andere Person wird: Mutter und Vater Kramer, Partykönig Scheler, die Büdchenfrau, der schnauzbärtige Türsteher, Kumpel Schubert, der Mann im Hawaihemd und, mit goldigem Klämmerchen, Debbies Freundin Rebecca. Es darf oft gelacht werden, ein dankbares Publikum spendet herzlichen Applaus.
Mehr Sommer
„Das Leben fing im Sommer an“ von Christoph Kramer, dramatisiert und inszeniert von Felix Krakau, ist im Kleinen Haus des Düsseldorfer Schauspielhauses zu sehen. Nächste Vorstellungen am 24. November, am 1., 6., 12. und 26. Dezember sowie am 3. Januar. Jeweils 20 Uhr, am 2. Weihnachtstag 18 Uhr. Dauer etwa anderthalb Stunden, ohne Pause. www.dhaus.de