Düsseldorf: Altstadt-Armenküche kritisiert die Verdrängung der Menschen mit Lebensmittelpunkt Straße

Thomas Wagner und Pater Wolfgang Sieffert OP von der Altstadt Armenküche haben sich in einem offenen Brief an die Dezernenten Miriam Koch und Christian Zaum gewandt. Sie kritisieren die mangelnde Kommunikation der Maßnahmen, die im Zusammenhang mit dem Projekt SiBu (Sicherheit im Bahnhofsumfeld) getroffen wurden. So erfolgte der Leerzug der Einrichtung Eisenstraße, mit der Verlegung der dortigen Bewohner*innen, offenbar ohne vorherige Information der Betroffenen. Die Menschen mit dem Lebensmittelpunkt Straße möchten an der Planung und Gestaltung von Plätzen, Einrichtungen und anderen Hilfen beteiligt sein und einbezogen werden, betonen die Verfasser des Briefes. Sie bitten darum die im November entstandenen Defizite aufzuarbeiten, damit ähnliches in Zukunft vermieden wird.
Der Brief im Original-Text:
Sehr geehrte Frau Koch, sehr geehrter Herr Zaum,
wir wenden uns an Sie beide als Leitung der beiden für SiBu (Sicherheit im Bahnhofsumfeld) verantwortlichen Dezernate. Die Altstadt-Armenküche versorgt jeden Tag rund zweihundert Gäste. Mit vielen von ihnen kommen wir ins Gespräch, hören und erkennen Sorgen und Bedürfnisse, die wir Ihnen mit diesem offenen Brief gerne mitteilen. KlientInnen, die ihren Lebensmittelpunkt auf der Straße haben, berichten über den stetig eingeschränkter werdenden Raum, an dem sie sich aufhalten können. Sie fühlen sich zunehmend nicht willkommen, werden gebeten, Plätze zu verlassen oder werden von OSD, privaten Sicherheitsdiensten oder Polizei von öffentlichen Orten vertrieben. Suchtmittel konsumierende Menschen werden im öffentlichen Raum als Störfaktor und Zumutung wahrgenommen. Sie benötigen – gerade in der kalten Jahreszeit – zusätzliche geschützte Orte, an denen sie sich aufhalten können. Sie suchen Verständnis für ihre Lebenslagen, brauchen vielfältige individuelle Unterstützung und Akzeptanz und Toleranz für ihre Notlagen.
Unsere Gäste und KlientInnen möchten an der Planung und Gestaltung von Plätzen, Einrichtungen und anderen Hilfen beteiligt sein; sie möchten gehört und mit einbezogen werden. KlientInnen in Einrichtungen benötigen frühzeitige Information über Veränderungen und wollen diese mitgestalten. Nur so können Verbesserungen für die betroffenen Menschen auf der Straße wie für AnliegerInnen erreicht werden.
Aus KlientInnensicht haben die Veränderungen der letzten Zeit nicht viel Gutes für die unterschiedlichen Personen erreicht: die Räumung und Umgestaltung des Worringer Platzes, die Einrichtung der Container auf dem Immermannplatz, die kurzfristige Auflösung des bestehenden Angebots in der Eisenstraße. Kritisiert wird die mangelnde Transparenz der unterschiedlichen Maßnahmen und der für KlientInnen nicht erkennbare Plan hinter diesen Veränderungen. Es fehlen spürbare Verbesserungen für die betroffenen Menschen.
Auch die (rechtzeitige) Einbeziehung der verschiedenen im Düsseldorfer Hilfesystem tätigen Akteure ist unzureichend. Offensichtlich hat die an und für sich sinnvolle spartenübergreifende Zusammenarbeit in SiBu nicht dazu geführt, dass der Leerzug der Eisenstraße in für KlientInnen und hier engagierte Akteure in erträglicher Weise gelungen wäre. Eine Reihe von Akteuren und Fach-Arbeitskreisen waren an den Planungen nicht beteiligt oder wurden erst im Umsetzungsmonat November informiert.
Im Zusammenhang mit der Einrichtung Eisenstraße bitten wir Sie um einige Informationen.
- Aus welchen Gründen und mit welchem Ziel wurde der Leerzug der Einrichtung beschlossen?
- Wer trägt die Verantwortung für die Kurzfristigkeit und die daraus folgenden Probleme für die dort untergebrachten Menschen und die mit ihnen arbeitenden Fachkräfte?
- Wie soll die Wiederholung einer solchen Situation zukünftig verhindert werden?
- In welchem Gremium sollen diese Informationen gegeben und besprochen werden?
Sinnvoll scheint uns gemeinsam zu überlegen, wie bestehende Arbeitskreise besser in Planungen einbezogen werden, damit deren Fachkompetenz (z.B. zum Vermeiden unnötiger Härten und Unsicherheiten betroffener Menschen) genutzt wird und überflüssige Sitzungen vermieden werden.
Generell begrüßen wir, wenn Medien und Öffentlichkeit regelmäßig gut informiert werden. Als Zuständige für Ordnung und Integration sollten Sie unbedingt auch Sorge tragen, dass frühzeitig Informationen für Klientel und Akteure im Hilfesystem zur Verfügung stehen, wenn Planungen zu Öffnungen, Schließungen oder Verlegungen von Einrichtungen oder Maßnahmen anstehen. Das würde in der Praxis helfen auf Fragen, Unverständnis oder Kritik zu reagieren. Die Klientel könnte durch die Fachkräfte besser vorbereitet und begleitet werden.
Konkret ist uns und weiteren Personen im Hilfesystem, die wir gefragt haben, nicht klar, wie das Angebot Bergerkirche (in der Presse stand: ab Mitte Dezember tagsüber geöffnet) funktionieren soll, was es bedeutet und wer es umsetzt. Unklar ist uns auch, wann und nach welchen Kriterien ein Wärmezelt an der Moskauer Straße aufgestellt wird. Welche Angebote wird es dann dort geben und wer hält diese vor?
Mit ebenso besorgten wie zuversichtlichen Grüßen
gez. Wolfgang Sieffert OP (Vorstandsmitglied Altstadt-Armenküche e.V.)
gez. Thomas Wagner (Vorstandsmitglied Altstadt-Armenküche e.V.)