Lyrischer Abschied: Gertrud Peters’ letzte Ausstellung im KIT Düsseldorf

Wie man hört, sollen unabhängige Berater ein „Change Management“ für die Düsseldorfer Kunsthalle entwickeln. Alles Business heutzutage. Wegen Sanierung wird das Haus am Grabbeplatz auf jeden Fall im nächsten Jahr geschlossen, die Zukunft bleibt ein Rätsel. Leider auch im KIT (Kunst im Tunnel), der kleinen, originellen Filiale des städtischen Instituts. Leiterin Gertrud Peters verabschiedet sich in den Ruhestand, ohne Nachfolger*in. Immerhin gibt es einen Plan für 2026 – und eine stille, lyrische Abschiedsschau: „restraumraumrest“ von Miriam Bornewasser.

Zukunft ungewiss: Auch für das zur Kunsthalle gehörende KIT am Mannesmannufer gibt es noch kein neues Konzept. Foto: bikö
Gertrud Peters hat die junge Frau ausgesucht, weil Miriam Bornewasser eine besondere Doppelbegabung hat – sie ist Dichterin und bildende Künstlerin. 1999 im Oldenburger Münsterland geboren, schloss sie im letzten Jahr ihr Akademie-Studium ab. Eine Meisterschülerin der Videokünstlerin Danica Dakiés. Auch Rauminstallationen entwirft und konstruiert die 26-Jährige, aber die meisten Dinge, die sie in die Welt setzt, sind instabil und damit flüchtig wie Worte.

Talentsucherin: Gertrud Peters (rechts, neben der Künstlerin Miriam Bornewasser) hat das KIT fast 20 Jahre lang geleitet. Foto: bikö
Skurrile Lauben
Aus Pappe, Papier, Stoff, Draht und ein paar Hölzchen baute Miriam in die flache Spitze des musealen Tunnels einen „KGV“, einen skulpturalen Kleingartenverein, der an die 35 Jahre des kulturell genutzten „Restraums“ der Rheinuferbebauung erinnern soll. Ganz hinten, im Dunkeln, man kann es kaum erkennen, verbergen sich Hinweise auf erste Versuche mit Tanz und Musik. Seit 2007 ist das KIT eine Kunsthalle unter Leitung von Gertrud Peters. 72 Ausstellungen hat die Chefin verantwortet, mit wenig Geld und fast 600 meist jungen Talenten. 36 „Parzellen“ mit skurrilen Lauben und Gewächsen würdigen einige der Shows, die eigentlich immer ein Erlebnis waren.

Der “Kleingartenverein” in der Tunnelspitze soll auf vergangene Ausstellungen hinweisen: eine Installation von Miriam Bornewasser. Foto: bikö
„KOMM“ steht auf einem Häuschen, obgleich man gar nicht näher treten darf. Die dicken Marienkäfer vorne rechts verweisen humorvoll auf die Gartenbilder von Melanie Loureiro, der winzige Tisch da links auf die Installation „13 Morgen“ von Jana Buch und Thea Mantwill. Wer will, kann sich auf Gartenmöbel setzen und in ausliegenden Katalogen nach Hinweisen suchen. Aber man muss nichts Genaues erkennen. Miriam Bornewasser hat hier keine Dokumentation aufgebaut, eher ein Gefühl. Von liebevoller Verbindung und Vergänglichkeit.
Im Verborgenen
Das geht unten im Tunnel so weiter. Da wehen ein paar zarte Vorhänge, die zugleich Projektionsflächen sind – für bewegte Bilder von Bauwerken aus Pappe. Und vor allem für Miriam Bornewassers Lyrik, die sie Buchstabe für Buchstabe entstehen und dann jäh verschwinden lässt. Nur einen winzigen Moment lang bleiben Texte sichtbar wie: „bleib / entdecke / auf den Karten / in den Leerstellen / dem Verborgenen / hinter Scheiben / Zäunen / Gittern / Schmutz“. Fehlt da noch was? Kann sein. In Ruhe lesen kann und soll man nicht in dieser Ausstellung. Ungewissheit ist Teil der Konzepts.

Flüchtige Erscheinung: Lyrik und fragile Papp-Bauten werden von Miriam Bornewasser auf Stoff projiziert. Titel: “nicht mehr noch nicht”. Foto: bikö
Auch ein paar Stücke, die von der Stimme der Dichterin selbst vorgetragen werden, in einem hölzernen, innen gleißend weißen Holzturm unter einem Oberlicht, sind schwer verständlich und fragmentarisch. „Etwas Nebelhaftes“, so Gertrud Peters, hat die Kunst von Miriam Bornewasser. Dazu gehört auch der „Betonrausch“ in der spitzen Ecke des KIT. Sieht fast romantisch aus wie ein Wasserfall über Felsen. Aber es sind Klötze aus Pappmaché an blau beleuchtetem Seidenpapier. Was da aus Lautsprechern rauscht, ist der Verkehr, der das KIT umbraust. In Wahrheit hört man nichts davon. Denn hier unten, bei der Kunst, herrschen Ruhe, Sicherheit und Gedankenfreiheit. Jenseits des Party-Trubels. Hoffen wir mal, dass es so bleibt.

Blaue Stunde: In der hinteren Ecke des KIT hat Miriam Bornewasser einen “Betonrausch” aus Pappe und Papier installiert. Foto: bikö
Was, wann und wo?
„restraumraumrest“: eine Ausstellung von Miriam Bornewasser. Bis 8. März 2026 im KIT (Kunst im Tunnel) unter dem Mannesmannufer 1b, gleich neben der Kniebrücke. Zugang durch das KIT-Café. Geöffnet Di.-So. 11 bis 18 Uhr. Eintritt: 4 Euro, Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre haben freien Eintritt. Führungen sonntags 15 Uhr. www.kunst-im-tunnel.de