Düsseldorf Pempelfort: So hebt die Feuerwehr eine tonnenschwere U-Bahn aus den Gleisen

Die letzte U71 in Richtung Brehmplatz muss kurz vor halb zwei am Dienstag noch durch. Danach herrscht Nachtruhe auf der Wehrhahnlinie. Im U-Bahnhof Pempelforter Straße startet Punkt 1.40 Uhr eine Übung, die niemals zur Realität werden soll. Das Szenario: Beim Einfahren der U-Bahn ist ein Mensch unter die Räder des 35 Tonnen schweren Zugs geraten. Nun klemmt die lebensgroße und knapp 80 Kilogramm schwere Puppe unterhalb der Kupplung, durch die der vordere Teil der U-Bahn mit dem hinteren Teil verbunden ist. Mensch gefangen unter vielen Tonnen Stahl – Alarm für die Feuerwehr Düsseldorf.

Dort, wo der Feuerwehrmann kniet, klemmt die Übungspuppe, die das Unfallopfer darstellt. Die Aufgabe: zwölf Tonnen Zugteil aus den Gleisen heben, um den Menschen darunter hervorziehen zu können.
Der Direktor der Düsseldorfer Feuerwehr, David von der Lieth, sagt: „Im Ernstfall muss jeder Handgriff sitzen. Die regelmäßigen Übungen helfen uns, Einsatzabläufe zu optimieren und bei Bedarf an die spezifischen Anforderungen anzupassen. Die sehr gute und professionelle Zusammenarbeit der Rheinbahn und der Feuerwehr wird in diesem Zuge weiter ausgebaut.” Acht solcher Übungen gibt es in diesem Jahr. Dieses Mal sind Gäste der Feuerwehren aus Essen und Nürnberg mit dabei.

Der Erkundungstrupp prüft, was zu tun ist, um die eingeklemmte Person möglichst rasch und unfallfrei befreien zu können.
Ein Erkundungstrupp prüft die Lage
Wenige Minuten nach der Alarmierung fährt das erste Fahrzeug unter Blaulicht an der Oststraße vor. Der Erkundungstrupp. Drei Experten prüfen vor Ort, was genau passiert ist – und wie die Feuerwehr helfen kann. Zudem bekommt der U-Bahnfahrer jemanden zur Seite – im richtigen Leben hätte er vermutlich einen Schock. Und ein Feuerwehrmann kniet wenig später neben der Stelle, wo die Puppe liegt.

Einsatz für 30 Feuerwehrleute: Was sie zur Menschenrettung im U-Bahngleis brauchen, müssen sie selbst nach unten tragen.
„Solange jemand eingeklemmt, aber ansprechbar ist, haben wir Zeit, sorgfältig an der Befreiung dieser Person zu arbeiten“, erklärt Feuerwehrsprecher Alexander Vieten. In einem der schlimmsten aller Fälle müssten Notarzt und Sanitäter rasch entscheiden, einen Arm oder ein Bein abzutrennen, um das Leben der Person unter dem Zug zu retten. Das ist in diesem Übungsszenario nicht der Fall. Geübt werden sollen die Maßnahmen und Abläufe zur sicheren und fehlerfreien Rettung des Unfallopfers.
30 Retter und ein Hydraulikstempel geben ihr Bestes
Dazu treffen mittlerweile weitere Retter aus der Nachtbereitschaft ein. 30 Feuerwehrleute werden am Ende in diesem 45-minütigen Übungseinsatz sein. Anders als bei einer Person, die überirdisch unter eine Straßenbahn gerät, müssen sie alles in den U-Bahnhof schleppen , was sie brauchen. Trage, medizinischer Notfallkoffer, tragbares EKG – und den dreistufigen Hydraulikstempel, der die Bahn soweit anheben wird, dass der Verletzte unter den Rädern hervorgezogen werden kann.

Der Holzstapel sichert die abgehobene Bahn, links daneben ist das Unfallopfer nun frei und kann hervorgezogen werden.
Das Hydraulikgerät kann bis zu 64 Tonnen heben. Doch erst einmal wird es auf dem Bahnsteig zusammengesetzt, während die meisten Feuerwehrleute auf dem Bahnsteig eins augenscheinlich nur rumstehen. Was ist da los? „Wir müssen warten, die die Oberleitungen stromlos sind“, sagt Feuerwehrsprecher Vieten. Erst danach dürfen die Retter ins Gleisbett springen und an der Bahn arbeiten. Für jeden Bahntyp in Düsseldorf haben sie einen eigenen Ordner mit den technischen Besonderheiten. In diesem Rahmen am wichtigsten: Wo kann der Hydraulikstempel gefahrlos angesetzt werden?

Geschafft: Der eben noch eingeklemmte “Mensch” kann auf der orangefarbenen Trage zum Rettungswagen gebracht werden.
Die Bahn wird nur so weit angehoben, wie nötig
Zunächst aber muss der vordere Zugteil abgekoppelt werden. Er rollt auf der abschüssigen Strecke ein paar Meter nach vorn. Nun ist Platz, um den Hydraulikstempel in Stellung zu bringen, Schritt für Schritt die Bahn anzuheben und mit Holzblöcken und Keilen zu sichern. Etwa zehn bis zwölf Tonnen Gewicht sollen sich nicht plötzlich selbstständig machen und die Feuerwehrleute in Gefahr bringen. Deshalb wird die Bahn nur so weit angehoben, bis der Verletzte befreit werden kann. Danach muss die Bahn genauso langsam und vorsichtig wieder auf die Schienen gesetzt werden. Auch das gelingt unfallfrei, wie die Beobachter der Rheinbahn erfreut feststellen. Denn der U-Bahn-Zug ist für den Morgen fest eingeplant. Gegen 2.30 Uhr beginnt die Nachbesprechung. Relativ rasch rücken die meisten der 30 Feuerwehrleute wieder ab. Für sie geht der ganz normale Wachdienst weiter.