Groß denken: K21 Düsseldorf feiert den Global Art Award für Tadáskia

Am Anfang wollten wir ja nichts davon wissen, dass unsere heilige Kunstsammlung NRW neue Prinzipien braucht. Dass es dort, im Geiste des charismatischen Gründungsdirektors Werner Schmalenbach, immer nur um die alten weißen Herren der europäischen Moderne ging. Susanne Gaensheimer, Chefin seit 2017, hat, wie sie sagt, „das Narrativ erweitert“, konsequent nach weiblichen Positionen gesucht, sich nicht beirren lassen. Unter ihrer Leitung wurde das Institut internationaler, diverser, sicher auch umstrittener. Immer gut für eine neue Perspektive. Zum dritten Mal wurde jetzt vom K21 der hochdotierte Global Art Award vergeben – an die brasilianische Künstlerin Tadáskia.

Düsseldorf und die Welt: Susanne Gaensheimer, Chefin der Kunstsammlung NRW, mit Tadáskia, der brasilianischen Preisträgerin des vom K21 vergebenen Global Art Award. Foto: bikö
Wer bitte ist das denn? Werden viele fragen. Aber die 1993 in Rio de Janeiro als Knabe geborene und dort bis heute lebende Allroundkünstlerin ist eine Berühmtheit in Brasilien und in Expertenkreisen ein Shooting-Star. Im letzten Jahr wurde sie vom New Yorker Museum of Modern Art mit einer Show geehrt. Die Rauminstallation dort glich dem Werk, das sie in den letzten vier Wochen in einem der oberen Räume des K21 gemalt, geformt, arrangiert und geschrieben hat. „Animiertes Spiel: Travestie-Schmetterling-Hundertfüßler“ heißt es übersetzt. Und es hat eine Leichtigkeit, die in Europas Akademien nicht gelehrt wird.
Mit Regenbogen

Wie eine Fee wandelt Tadáskia durch ihre Rauminstallation “Animiertes Spiel” im K21. Foto: bikö
Viele Regenbogen sind zu sehen auf schwungvoll mit Pastellkreide bemalten Paneelen. Dazu gibt es eine Düsseldorfer Vorgeschichte. Denn als Tadáskia hier ankam – ihr erster Besuch in Germany –, regnete es heftig. Sie wollte nach einem Schirm fragen und verwechselte das englische Wort „umbrella“ mit „rainbow“. Immer wieder. Daraus wurde ihre Idee für die farbenfrohe Arbeit. In der Mitte des Raumes, auf einem wellenförmigen Podest, hat Tadáskia außerdem kleine Skulpturen aus Taboa angeordnet, einer schilfähnlichen Pflanze, die in afro-brasilianischen Gemeinschaften als Baumaterial und Heilmittel verwendet wird. Etwas Gemüse (Kürbis, Süßkartoffel) und ein paar Gläschen Wasser verweisen sanft auf die Vergänglichkeit.

Gegenüber der farbenfrohen Malerei hat Tadáskia ein Gedicht an die Wände gezeichnet: Es handelt von Küssen und Friedensträumen. Foto: bikö
Tadáskia ist eine auffällig schöne, aufrechte Erscheinung. Sie achtet sehr auf ihre Haltung – und gibt doch jedem gleich ein paar Begrüßungsküsschen. Dazu passt das Poem, das sie wie eine Zeichnung aus Worten in zwei Sprachen an die Wand schrieb: „Kiss me kiss me kiss me“, genauer: „Wir haben einen Traum von Freiheit und mit / der Befreiung von Gewalt / ist es möglich Frieden zu fühlen? Küss mich küss mich küss mich.“ Ja, soviel Herzlichkeit sucht der Mensch in der verschatteten westlichen Kunst vergebens. Ausdrücklich dankte Sammlungsleiterin Vivien Trommer der Brasilianerin für ihre „energy, love and passion“. Energie, Liebe, Leidenschaft.
Hoch dotiert
Sicher hat Tandáskia auch eine Botschaft. „My body is politics“, sagt sie, ihr Körper sei Politik. Schließlich gehört sie zu den Held*innen der Transszene. Aber über ihre Vergangenheit will sie jetzt nicht sprechen, sondern den Inspirationen fremder Orte und gegenwärtiger Ereignisse folgen: „Things come to me in different places.“ Und es ist nicht nur die pure Ehre, die ihr in Düsseldorf zuteil wird. Der Preis, von den Freunden der Kunstsammlung und deren Stiftung für Junge Kunst gespendet, kann sich sehen lassen. Es gibt nur wenige höher dotierte Auszeichnungen: 100 000 Euro inklusive Spesen, und die Arbeit geht als Dauerleihgabe des Freundeskreises in die Sammlung ein.

Detail aus der Tadáskia-Installation: Kürbisse und Wassergläser an Skulpturen aus Taboa, einem Schilfgewächs. Foto: bikö
Susanne Gaensheimer will so weitermachen und „die Welt nach Düsseldorf bringen“. Um die Auswahl für die alljährliche Preisvergabe zu erweitern, wird sie auch in Zukunft Jurys aus internationalen Kolleg*innen hinzuziehen. Dieses Mal waren dabei: Doryun Chong aus Hongkong, der ägyptisch-britische Kurator Omar Kholeif und Koyo Kouoh, die im Mai überraschend an Krebs gestorbene designierte Leiterin der Biennale Venedig 2026. Die Nominierung von Tandáskia kam allerdings von Jochen Volz, dem Direktor der Pinacoteca de São Paulo. Susanne Gaensheimer ist international vernetzt. Das entspricht, sagt sie, „der Vision unseres Hauses“.
Was, wann und wo?
Die Rauminstallation der mit dem Global Art Award 2025 ausgezeichneten Künstlerin Tadáskia ist ab sofort in der Sammlung des K21 zu sehen, Düsseldorf, Ständehausstr. 1. Geöffnet Di.-So. 11 bis 18 Uhr. Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre haben freien Eintritt. www.kunstsammlung.de