Düsseldorf: Hilfesystem für von Gewalt betroffenen Frauen steht auf der Kippe
167.865 Personen wurden im vergangenen Jahr Opfer von Partnerschaftsgewalt (Quelle BKA). Die Zahl der Fälle steigt kontinuierlich und beschreibt nur die Fälle, die angezeigt wurden – die Dunkelziffer dürfte weitaus höher liegen. 155 Frauen wurden 2023 aufgrund ihres Geschlechts getötet – auch die Zahl der Femizide steigt. Und doch ist das Hilfesystem für Frauen mit Beratungsstellen und Frauenhäusern in Deutschland noch immer nicht in einem Gesetz festgelegt, geschweige denn finanziert. Auf dieses Missstand machte das NRW-Netzwerk gegen Gewalt an Frauen am Montag (9.9.) mit einem Protesttag aufmerksam.
Gewalthilfegesetz
Es gibt einen Entwurf des Gewalthilfegesetz, mit dem Familienministerin Lisa Paus einen Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung für Betroffene geschlechtsspezifischer Gewalt schaffen will. Die Einführung eines solchen Gesetzes wurde im Koalitionsvertrag der Ampel festgelegt und soll noch in dieser Legislaturperiode kommen. Darin sollen einheitliche Vorgaben für die Finanzierung von Frauenhäusern und Beratungsstellen definiert werden. Deutschland hat bereits im Jahr 2017 die Istanbul Konvention ratifiziert, die seit 2011 in 81 Artikeln festlegt, dass Beratung und Schutz flächendeckend, niedrigschwellig und kostenfrei zur Verfügung stehen muss.
Plätze in Frauenhäusern fehlen
Aktuell ist es so, dass viele Frauen, die einen Platz in einem Frauenhaus suchen, abgewiesen werden müssen, weil es keine Plätze gibt. Vielfach unbekannt ist außerdem, dass selbst wenn einer der raren Plätze ergattert wurde, die Frauen ihren Aufenthalt selber bezahlen müssen, wenn sie über eigenen Einkommen verfügen. Für eine Frau mit zwei Kindern können das – unterschiedlich je Kommune – 5000 Euro pro Monat sein. Wer kein Einkommen hat muss sich neben den persönlichen Problemen noch dem Dschungel der Bürokratie zur Finanzierung stellen.
Finanzierung problematisch
Die Frauenhäuser und Beratungsstellen müssen jeden einzelnen Fall namentlich abrechnen, was eine anonyme Beratung unmöglich macht. Im Entwurf des Gewalthilfegesetz heißt es: „Mit der Pflicht zur Sicherstellung der bedarfsgerechten Schutz- und Beratungsangebote geht die Verpflichtung einher, eine entsprechende Infrastruktur zu organisieren und verlässlich zu finanzieren“. Knackpunkt dabei ist allerdings auch, dass sich Bund und Länder die Zuständigkeit für die Finanzierung hin und her schieben. Die aktuellen Haushaltberatungen im Bund und die von Finanzminister Christian Lindner vertretene Linie lassen das Schlimmste erahnen.
Forderungen des Netzwerks
Das NRW-Netzwerk gegen Gewalt an Frauen fordert: Kein Aufschub für den Schutz gewaltbetroffener Frauen, das Gewalthilfegesetz darf nicht an Budgetfragen scheitern. Denn: es ist bereits 5 nach 12 für die Fraueninfrastruktur.
Am 9. September 2024 beteiligten sich Mitglieder des NRW Netzwerk gegen Gewalt an Frauen an dem landesweiten Protest mit Aktionen von Frauenberatungsstellen, Frauenhäusern und Gleichstellungsstellen.
Dem NRW Netzwerk gegen Gewalt an Frauen gehören an:
- Landesverband autonomer Frauen-Notrufe NRW e.V.
- LAG Autonomer Frauenhäuser NRW e.V.
- LAG kommunaler Gleichstellungsstellen
- Dachverband der autonomen Frauenberatungsstellen NRW e.V.
- Caritasverband für die Diözese Münster e.V.
- Der Paritätische Wohlfahrtsverband Landesverband NRW e.V.
- Arbeiterwohlfahrt NRW e.V.
- Diakonisches Werk Rheinland-Westfalen-Lippe e.V.