Düsseldorf: Kö-Besucher*innen soll der Anblick von Obdachlosigkeit nicht zugemutet werden

Mit einer Protestaktion der Altstadt Armenküche und fiftyfifty haben sich am Donnerstagmittag (21.8.) Obdachlose, Streetworker und solidarische Menschen gegen die Pläne der Interessengemeinschaft Kö gewandt. Die Kö-Anlieger wollen einen privaten Sicherheitsdienst beauftragen, der die Bettler*innen von der Kö vertreiben soll. Dagegen gibt es nicht nur moralische Kritik, auch die rechtliche Situation ist fraglich.

Nicht nur Obdachlose beteiligten sich an der Aktion, auch Streetworker und zahlreiche soldidarische Menschen
Bei einem Spaziergang am Donnerstagmittag vom Graf-Adolf-Platz bis zum Corneliusplatz sind es vier Bettler*innen, die an verschiedenen Stellen vor Geschäften auf der Kö sitzen und einen Becher vor sich stehen haben. Eine Frau hat einen Hund dabei, ein anderer zeigt seine körperliche Behinderung und alle sind nicht aggressiv oder sprechen die Menschen aktiv an. Laut Straßenordnung ist betteln im öffentlichen Raum unter diesen Voraussetzungen nicht verboten. Dennoch stören sie nach Meinung der Mitglieder der IG Kö den optischen Eindruck des Prachtboulevard. Wie zu hören ist, wolle man den internationalen Gästen diesen Anblick nicht zumuten, da sie dies aus ihren Heimatländern nicht gewohnt seien. Vor allem Superreiche aus Dubai würden so etwas nicht kennen und verspürten unter Umständen ein Kaufhemmnis, wenn sie arme Menschen sehen. Deshalb sind die Kö-Anlieger bereit, monatlich einen Betrag von mehreren Tausend Euro für einen Sicherheitsdienst zu bezahlen, der die Bettler*innen aktiv vertreiben soll.

Die Passanten strömen und viele verstehen nicht, was mit der Aktion gedagt werden soll
Mit der Aktion „Obdachlose fegen die Kö“ kritisierten am Donnerstagmittag Obdachlose und Mitstreiter die Pläne. Inspiriert wurde die „Fegen“-Aktion durch Joseph Beuys „Ausfegen“, die für ihn im übertragenen Sinne ein »Ausfegen« überkommener Ideologien symbolisierte.
„Die Kö gilt als das Aushängeschild von Düsseldorf. Dass ausgerechnet hier arme Menschen durch einen privaten Sicherheitsdienst vertrieben werden sollen, ist beschämend für diese Stadt“, erklärt Hubert Ostendorf, Herausgeber des Straßenmagazins fiftyfifty.

Pater Wolfgang Sieffert kritisiert die IG Kö scharf für ihre Maßnahme
Pater Wolfgang Sieffert von der Altstadt-Armenküche findet deutliche Worte und betont: „das Verbieten von Betteln ist verboten“. Statt arme Menschen zu vertreiben müsse Armut abgewendet werden, so sei das Motto der Altstadt-Armenküche „Armut überwinden – nicht verstecken“. Das Vertreiben von Menschen im öffentlichen Raum sei nicht nur ungesetzlich, es sei auch gegen die Würde des Menschen. Ebenso könne man sich gegen das Erscheinungsbild der Menschen wenden, die mit Schmuck behangen, von Schönheitschirurgen optimiert, mit ihren Autos gerne bis ganz dicht vor die Luxusgeschäfte fahren und diese besuchen. Sieffert will die Mitglieder IG Kö in die Altstadt-Armenküche einladen, damit sie sich ein Bild von der Lebenswirklichkeit armer Menschen in Düsseldorf machen können.
Bevor die Menschen zu den Besen griffen, erzählten einige von ihnen, warum sie betteln und wofür sie das Geld brauche. Dazu gehört Alina, die aus Rumänien kommt. Sie hat drei Kinder, keine Arbeit und verkauft das Magazin fiftyfifty. Sie schläft in einem provisorischen Camp, da sie keine Wohnung hat und schickt so viel Geld wie möglich nach Hause, da es den Menschen dort noch schlechter geht.

Pino hat den Weg von der Straße in ein geregeltes Leben gefunden
Pino hat lange auf der Kö gebettelt, um Geld für Essen zu haben. Es berichtet, dass viel Mut dazu gehört, denn es gibt auch Anfeindungen. Mit Unterstützung der Sozialarbeiter hat er mittlerweile eine Wohnung gefunden und ist über das Programm „Housing First trifft Gastro“ dabei auch auf dem Arbeitsmarkt wieder Fuß zu fassen. Ein Beispiel dafür, was durch Sozialarbeit erreicht werden kann. So wundert sich Sozialarbeiter Oliver Ongaro, warum die IG Kö nicht von Anfang das Gespräch mit bestehenden Organisationen vor Ort gesucht hat, um gemeinsam eine Lösung zu finden. „Wir finden Betteln auch nicht gut“, sagt Ongaro. „Aber man darf die Menschen nicht einfach per Sicherheitsdienst vertreiben, sondern muss ihnen eine Perspektive bieten.“ Konkret könne man mit dem Geld, das die IG Kö für den Sicherheitsdienst bezahlt, auch einen weiteren Straßensozialarbeiter finanzieren.
Wie die Lage an der Kö nun weitergeht, wird sich vielleicht in der nächsten Woche klären. Dann haben die Streetworker ein Gespräch mit IG-Kö-Geschäftsführerin Andrea Greuner.