Düsseldorf: #FEMpörung vor dem Landtag – Frauenberatungsstellen in Finanznot
Konsens in der Politik und der Gesellschaft ist, dass die Beratung von Frauen und Mädchen, die von Gewalt betroffen sind, eine sehr wichtige Aufgabe ist. Alle rund 90 Mitgliedseinrichtungen der Landesvertretungen für die autonomen Frauenhäuser, Frauenberatungsstellen und Frauen-Notrufe in NRW berichten von steigendem Bedarf an Unterbringung, Beratung und Begleitung der Betroffenen. Dies steht allerdings im Missverhältnis zu den vom Landtag NRW gefassten Beschlüsse für die Jahre 2024 bis 2027 zur finanziellen Unterstützung dieser Hilfsangebote. Denn diese decken nur einen Teil der tatsächlichen Kosten. Die gemeinnützigen Trägervereine sind selber dafür verantwortlich, die fehlender Gelder zur existenziellen Absicherung der Einrichtungen zu beschaffen. Statt Beratung müssten die Beschäftigten Spenden aquirieren, Projektanträge stellen und Verhandlungen mit kommunalen und anderen Fördergeber*innen führen.
Dagegen wehrte sich am Donnerstag (7.3.) ein Gruppe von 16 Frauen mit einer Aktion vor dem Düsseldorfer Landtag. Ihre Forderung auf Schildern: „BEDENKZEIT … . Jetzt Geld beschaffen oder beraten? Jetzt beraten und übermorgen schließen?“.
Eigentlich wollten sie diese Botschaft in der Sitzung des Ausschuss für Gleichstellung und Frauen (AGF) des Düsseldorfer Landtags vorbringen. Doch solche Aktionen untersagt die Hausordnung, die das Zeigen Spruchbänder verbietet und auch das Tragen von T-Shirts mit der Aufschrift „#FEMpörung. Stark für Frauen – Mehr Geld ins System!“ fiel darunter. Etta Hallenga vom Landesverband autonomer Frauen-Notrufe NRW und ihre Mitstreiterinnen lassen sich dadurch aber nicht entmutigen. Sie überlegen jetzt andere Aktionsformen.
Denn die Situation ist für die Träger der autonomen Frauenhäuser, Frauenberatungsstellen und Frauen-Notrufe in NRW existenziell. Besonders in Kommunen, die finanziell sowieso klamm sind, droht die Reduzierung von Beratung. Hallenga weiß, dass Düsseldorf noch zu den reichen Städten gehört, aber auch hier ist die Lage nicht rosig.
Denn es gibt keine gesetzliche Verpflichtung zur Finanzierung für die Hilfen. Bereits im Sommer 2023 hatten sich die Einrichtungen mit Eilbriefen und Stellungnahmen an die Politik und das Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes NRW gewandt. Die Kostensteigerungen und vor allem Tariferhöhungen für die beschäftigten Fachkräfte in den Einrichtungen lassen keinerlei Spielraum zu. Die Belastung der größtenteils ehrenamtlichen Vorstände steigt immer weiter. Und das für eine Aufgabe, die Staat und Gesellschaft finanzieren müssten.
Einzelne Einrichtungen mussten ihre Beratungsstunden bereits reduzieren oder Personalstellen abbauen, da das Geld nicht reicht. Es ist absehbar, dass immer größer werdende Defizite nicht ausgeglichen werden können. Bald müssen die Mitarbeiterinnen und ehrenamtlich Aktiven entscheiden, ob sie weiter beraten oder Klinken putzen gehen, um an finanzielle Mittel zu kommen. Das hätte zur Folge, dass immer mehr gewaltbetroffene Frauen und Mädchen vor verschlossenen Türen stünden.
Die Situation der Beraterinnen ist belastend, denn sie erleben täglich die Not der Betroffenen, die dringend Hilfe brauchen. Gleichzeitig leiden sie unter fehlenden Personalkapazitäten und der existenziellen Bedrohung bei Verlust ihres Arbeitsplatzes. Wie ein Hohn klingt es da, wenn Verantwortliche aus Politik und Gesellschaft die Arbeit von Frauenhäusern, Frauenberatungsstellen und Frauen-Notrufen öffentlich würdigen und ihre Bedeutung hervorheben, aber gleichzeitig nicht bereit sind diese zu finanzieren. Mit ihrer Aktion „Bedenkzeit“ soll die Politik und das zuständige Ministerium aufgefordert werden zu handeln.