Ebola-Verdacht statt Apfelkuchen mit Sahne: So lief der erste ernste Seucheneinsatz von Düsseldorf

Der leitende Notarzt, Dr. Frank Sensen, saß am Sonntagnachmittag, (3.5.) beim Apfelkuchen. „Für mich immer mit Sahne!“ Dann klingelte das Handy. Und aus Kaffee und Kuchen wurde ein Ernstfall. Ebola-Verdacht. Der erste Gedanke nach der Alarmierung? Den Teufel wird Notarzt Sensen tun und uns den verraten. Stattdessen sagt er: „Ich war froh, dass wir einen Alarmplan hatten.“
War in Liberia im freiwilligen Ebola-Einsatz: Dr. Frank Sensen
Sensen hat die Ebola-Seuche und den Tod gesehen – bei seinem freiwilligen Einsatz bei den internationalen Seuchenhelfern in Liberia. Das macht Frank Sensen zu dem Mann, dem man an diesem Maisonntag diesen Auftrag gibt: Bringe einen Mann unter Ebola-Verdacht aus dem Bochumer Elisabeth-Krankenhaus in die Universitätsklinik Düsseldorf, in den Seuchentrakt, in ein Hochsicherheitsbett! Eines von dreien.
Sorgfalt geht vor Schnelligkeit: Anlegen des Schutzanzugs
Am Ende werden die Handschuhe noch mal mit Tape abgedichtet. In dem Anzug schwitzt man fürchterlich. Länger als vier Stunden hält das keiner durch.
Was dann abläuft, gibt es in dieser Form erst seit 2014. Also für eine Stadt, die sich seit Jahrzehnten ihres internationalen Flughafens rühmt, noch nicht wirklich lange. Die Feuerwache 7 in Düsseldorf-Wersten trainiert die Handgriffe erst seit ein paar Monaten. Täglich. Das 20 Minuten dauernde Anlegen der Seuchen-Schutzanzüge. Ohne Hilfe kommt niemand in die orange Kunststoffpelle (Stückpreis 120 Euro, nach Gebrauch sorgfältig zu entsorgen) und die grünen Gummistiefel, die zwei Nummer größer sind als die eigentliche Schuhgröße, wegen der doppelten Füßlinge. Auf dem Übergang zwischen Rücken und Po summt eine Einheit aus Gebläse und Luftfiltern. Die hüllt den Helfer ein, in dem sie Überdruck zwischen der äußeren und inneren Anzugschicht erzeugt.
Trennen saubere von verseuchter Luft: Filter und Gebläse des 120 Euro teuren Einweg-Schutzanzugs
Oberbrandmeister Christoph Leimbach (35) war beim ersten ernsten Ebola-Vorfall von Düsseldorf am Sonntag der Sanitäter an der Seite von Dr. Sensen. Er sagt: „Die Akkus für das Gebläse an diesem Anzug halten acht Stunden durch.“ Länger, als es ein Mensch je schaffen würde. „Maximal drei bis vier Stunden dürfen wir in diesen Anzügen im Einsatz sein.“ Wenn es heiß ist, weniger. Denn man schwitzt furchtbar unter den Dingern. Und trinken darf niemand während eines solchen Einsatzes.
Deshalb sind sie am Sonntag mit sieben Fahrzeugen nach Bochum gefahren. Plus zwei Polizeiwagen vorn und hinter dem Konvoy. Warum so viele? Bei einem Seuchentransport gilt es, auf alles vorbereitet zu sein. Darum gibt es auf der Wache sieben auch keine Spezialisten. Alle 85 Mann könnten im Ernstfall den speziellen I-RTW Krankenwagen fahren; alle könnten dem Notarzt assistieren.
"Ein Ernstfall ist anders als jede Übung"
Jeden Tag wird in der Wache geübt. Jede Woche in der Seuchenstation der Universitätsklinik Düsseldorf. Die Übergabe eines hochinfektiösen Menschen. Die Kommunikation mit dem Klinikpersonal. Das Handling der Schleusen, die Entgiftung hinterher. „Dennoch ist ein Ernstfall noch einmal anders“, sagt Dr. Frank Sensen.
Im Bochumer Elisabeth-Krankenhaus waren die Gänge viel enger als bei allen bisherigen Trainings. Beim Aufbau der Desinfektionsstrecke mussten sie improvisieren. „Das wird für den nächsten Einsatz verschriftlich. Dann war der Patient im Spezialkrankenwagen. Vorn am Steuer saß Oberbrandmeister Steven Meyer (27). Er in einem weißen Schutzanzug, denn die Fahrerkabine ist vom Laderaum mit dem Patienten strikt getrennt. Es gibt nur eine Funkverbindung und ein Kamerabild.
Der Fahrer ist komplett isoliert von den Kollegen
Während der Fahrt nach Düsseldorf hat er auf das Bild immer wieder geguckt. Zum Beispiel um Frank und Christoph zu warnen, falls ihre Anzügen ein Leck bekommen und zusammenfallen.
Das geschah nicht. Und auch der Ebola-Verdacht, für den es feste Kriterien des Robert-Koch-Instituts gibt, wurde durch einen Test rasch widerlegt. „Gut für den Patienten“, sagen sie in Wersten. Und freuen sich darüber, dass alles so geklappt hat, wie immer wieder geprobt. Der über 400.000 Euro teure Infektionskrankenwagen, die rollende Isolierstation, ist längst wieder desinfiziert und einsatzbereit. Für den Einsatz wird die Düsseldorfer Feuerwehr nicht mehr berechnen als für einen Oberschenkelhalsbruch um die Ecke. Knapp 800 Euro für den Einsatz eines Krankenwagens und des Notarztes. Plus eine Pauschale pro gefahrenem Kilometer – weil der Ebola-Einsatz über das das Stadtgebiet hinausging. Und die weiteren Fahrzeuge im Konvoy? „Die dienten unserer Sicherheit.“