Düsseldorf: Bündnis für bezahlbaren Wohnraum deckt Fall von vermutlichem Mietwucher auf

Eine Kellerwohnung – oder feiner ausgedrückt Souterrain – an der Kleverstraße wird aktuell auf Online-Immobilienportalen zu einer Warmmiete von 3021 Euro angeboten. Ein Fall der aufzeigt, wie dreist einige Immobilienbesitzer die Wohnungsnot in Düsseldorf ausnutzen.

Ein Eindruck der angebotenen Wohnung von hinten
Wenn man nun denkt, die Wohnung sei für den Preis sehr groß, der wird beim Studium der Anzeige merken, dass es sich lediglich um zwei Zimmer mit Küche und Bad handelt, die angeblich 80 Quadratmeter groß sind. Das ergäbe einen Quadratmeterpreis für die Kaltmiete von rund 31 Euro, rechnet man die Nebenkosten hinzu sind es stolze 38 Euro. Die Wohnung wurde renoviert, wie auf den inserierten Fotos zu erkennen ist und wird als Erstbezug angepriesen. Der Zusatz „nach Sanierung“ wurde jetzt nachträglich ergänzt. Denn die Wohnung war bereits bis Ende Mai online. Damals sollte sie 2295 Euro Kaltmiete kosten. Dann verschwand die Anzeige und tauchte kurze Zeit später wieder auf – mit der Preiserhöhung auf 2495 Euro. Zum Online-Insrat geht es hier.

So stellt sich das Angebot im Immobilienscout dar, Foto: Screenshot Immobilienscout
Bündnis macht den Fall öffentlich
Wie das Bündnis bei einem Pressetermin am Donnerstag (12.6.) vor dem Haus deutlich machte, wurde der bisherigen Mieterin, eine Seniorin, wegen Eigenbedarf im Mai 2023 von den damaligen Käufern der Wohnung gekündigt. Sie zahlte damals eine Warmmiete von 600 Euro. Ein Jahr später musste sie ausziehen. Bei den folgenden Renovierungsarbeiten machten die Eigentümer keinen Hehl daraus, dass der Sohn, der in der Eigenbedarfskündigung als künftiger Bewohner angeführt war, die Wohnung nie nutzen wollte. Dazu gab es mehrfach Ärger mit den Handwerkern, die nicht nur Krach und Dreck verursachten, sondern sich auch sonst unmöglich benahmen, wie Bewohner schildern. Diese berichten auch, dass die Wohnung eigentlich nur 52 Quadratmeter groß sei, zumindest sei dies bei der Umwandlung des ehemaligen Miethauses in Eigentumswohnungen damals so vermerkt worden. Selbst wenn eine Terrasse zu einem Viertel der Wohnfläche zugerechnet werden darf, könnte man vielleicht von einer Größe von 60 Quadratmetern ausgehen. Damit läge der Quadratmeter-Kaltmietpreis sogar bei über 41 Euro.

Jochem Witzke (2.v..) und Claus Nesemann (mitte) vom Mieterverein, Leonie Sieben-Prinz (3.v.l.) und Johannes Dörrenbächer (rechts) vom Bündnis für bezahlbaren Wohnraum und eine Sprecherin des Bürgerbündnisses Golzheim/Pempelfort
Mieterverein sieht überzogene Forderung
Claus Nesemann, Geschäftsführer des Mietervereins Düsseldorf, betont, dass für die Bewertung einer Wohnung immer die Baualtersklasse des Hauses herangezogen werde, in diesem Fall 1953. Da die Fotos keinen Eindruck erwecken, als wäre die Renovierung im Luxussegment erfolgt, sieht er die Mietforderungen als absolut überzogen an. Laut Mietpreisspiegel liegt die ortsübliche Vergleichsmiete bei 11,44 Euro, wobei die Lage in Golzheim einen Aufschlag erlaubt, die Eigenschaft der Souterrainwohnung aber zur Abwertung führt.
Beratungsstelle für Wohnraumschutz
Das Bündnis für bezahlbaren Wohnraum fordert nun von der Stadt und der dort neu installierten Beratungsstelle für Wohnraumschutz aktiv zu werden. Würde die Stadt die Eigentümer wegen Mietwucher verklagen, müsste ein Gericht entscheiden, ob dieser Straftatbestand erfüllt ist. Zumindest wäre damit ein Signal an Eigentümer gesetzt, die mit ihren Mietforderung die Wohnungsnot in Düsseldorf ausnutzen. Erstrebenswert wäre eine gesetzliche Regelung, die das Vorgehen solcher Eigentümer unterbindet. Eine strikte Überwachung der Mietpreisbremse lehnte Ex-Bundesbauministerin Klara Geywitz im vergangenen Jahr noch ab: „Wir haben keinen Babysitter-Nanny-Staat, der sich in die Vertragsbeziehung zweier Privatpersonen einmischt.“ Dies war bisher auch der Tenor der Düsseldorfer Bau-Dezernentin Cornelia Zuschke, bis sich Oberbürgermeister Keller nach massiven Bürgerprotesten in Golzheim und Pempelfort des Themas annahm und zumindest eine Anlaufstelle im Rathaus für Betroffenen installierte. Ob diese nun tätig wird bleibt abzuwarten, das Bündnis hat den Fall zur Beurteilung eingereicht.

Polizeieinsatz während des Pressetermins
Polizeieinsatz während des Pressetermins
Interessant war während des Pressetermins vor dem Haus in der Klever Straße das Verhalten der Polizei. Mit Blaulicht und Signalhorn kam ein Streifenwagen angerauscht. Gleich sechs Einsatzkräfte wurden wegen der angeblich nicht angemeldeten Demonstration tätig. Auf die Aussage mehrerer Pressevertreter*innen, dass es sich um einen Pressetermin handele, wurde nicht eingegangen. Im Gegenteil, Johannes Dörrenbächer vom Bündnis erwartet nun eine Strafanzeige wegen Verstoß gegen das Versammlungsverbot. Das scheint die Rechtslage zu sein – Pressetermine wegen Mietwucher werden bestraft, Eigentümer, die vollkommen überzogene Mietpreise fordern, werden von der Polizei nicht behelligt. Die Stadt Wien hat beispielsweise eine Wohnungspolizei ins Leben gerufen, deren Einsatzkräfte gegen unerlaubte Airbnb-Wohnungen vorgehen.
Kontakt für betroffenen Mieter*innen
Wer von ähnlich Fällen hört oder selber von Entmietung, Eigenbedarfskündigung o.ä. betroffen ist, kann Kontakt zum Bündnis für bezahlbaren Wohnraum aufnehmen. Dort gibt es Informationen und Ansprechpartner und Betroffenen können sich vernetzen. Kontakt hier.